BandfinanzenTeil 2: Einnahmen, Kosten, Rechnungen, die Band als Unternehmen, Dokumentationspflichten, Steueranmeldung gegenüber dem Finanzamt.

Interviewpartner: Oliver Pelz aus Hannover ist seit acht Jahren im Bereich Finanz-und Rechnungswesen als selbstständiger Bilanzbuchhalter in Kooperation mit Steuerberater Thomas Hiller auch für zahlreiche Bands und Künstler tätig.

Stift und Zettel reichen nicht aus: Hier erfährst du, worauf es bei Bandfinanzen wirklich ankommt. (Foto: Christoph Eisenmenger)

 

LOCAL HEROES: Ab wann, bzw. ab welcher Umsatzhöhe etwa lohnt sich für eine Band die Gründung eines Unternehmens, etwa als GbR, UG oder GmbH? Stichwort: Hobby/Liebhaberei vs. Unternehmertum.

OLIVER PELZ: Die Umsatzhöhe ist nicht der entscheidende Faktor. Es sollte zuerst überlegt werden, wie sich die Band voraussichtlich entwickeln wird. Wenn hier alle das „nur so als Hobby“ oder mal„so nebenbei“ machen wollen, dann lohnt es sich nicht, eine Firma zu gründen. Bei einer Kapitalgesellschaft (UG und GmbH) muss immer das Kapital im Auge behalten werden. Hier dürfen die laufenden und aufgelaufenen Verluste nicht höher sein als das Kapital. Ansonsten könnte sich möglicherweise eine Überschuldung ergeben. Das ist also nur was für größere Bands oder wenn sofortiger Erfolg da ist.

Es bleibt also die GbR …

Diese ist einfach zu gründen und auch zu verwalten. Eine GbR heißt immer, dass sich bestimmte Leute für einen bestimmten Zweck zusammenschließen. Hier können in den ersten Jahren auch ruhig Verluste entstehen. Das Finanzamt wird sich das allerdings sehr kritisch ansehen und alles nur „unter Vorbehalt“ festsetzen. Wenn hier nicht abzusehen ist, dass aus der GbR ein Totalgewinn entstehen wird, so werden die Verluste auch nicht steuerlich anerkannt und wir haben die „Liebhaberei“. Man sollte also zusehen, dass die GbR auch Erfolg hat oder diese ansonsten wieder auflösen. Somit ist hier der Umsatz nicht so wichtig. Viel wichtiger ist, einen Ausblick und ggf. auch eine Vorschau zu erstellen und sich zu überlegen, wo das hinführen könnte, in den ersten drei Jahren.

Liegt keine Unternehmensgründung vor, denken einige, dass die Band dennoch rechtlich und gegenüber dem Finanzamt als GbR behandelt wird. Ist das so richtig?

Das stimmt so erst mal nicht. Es kann auch eine Band als Einzelunternehmen betrieben werden und die Bandmitglieder schreiben dem steuerlich Verantwortlichen/der steuerlich Verantwortlichen jeweils eine Rechnung für ihre Tätigkeit. Das ist aber nur bei ganz kleinen Bands ratsam. Wichtig ist nur, dass hier die einzelnen Mitglieder mehrere Auftraggeber:innen haben. Ansonsten wird es Probleme mit einer Scheinselbstständigkeit geben können. Eine GbR wird es erst mit einer Gründung und einem gemeinsamen Ziel.

Nochmal nachgehakt: In der Praxis kommt es dennoch vor, dass Bandmusiker:innen als freischaffende Künstler:innen oder Kleinunternehmer:innen haupt- oder nebenberuflich tätig ist und für die Band die Finanzen abwickelt. Weil sie z.B. Rechnungen an Veranstaltende für Gagen schreiben und die Geldeingänge zunächst auf ihr Konto fließen. Die Einnahmen werden dann im Anschluss anteilig an die Musiker:innen ausgeschüttet oder der Betrag auf ein gemeinsames Bandkonto eingezahlt. Ist das geschickt und was ist in diesem Zusammenhang zu beachten (insbesondere steuerlich)?

Wie gesagt, das ist nur bei ganz kleinen Bands ratsam, da die Bandleader:in dann alle Einnahmen versteuern muss und somit die Kleinunternehmerschaft verlieren könnte. Außerdem muss sichergestellt werden, dass die anderen Musiker:innen nicht nur ihr Rechnungen schreiben, sondern auch noch anderen Geschäftspartner:innen. Ansonsten haben wir hier eine mögliche Scheinselbstständigkeit und die/der Auftraggebende (Bandleader:in) haftet für nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge. Weiterhin müssen Auftraggebende auch noch für die Leistung der anderen Musiker:innen die Künstlersozialabgabe anmelden und abführen. Es entstehen also weitere Kosten.

Guter Rat muss nicht teuer sein: Unsere Experten beraten euch ehrenamtlich zu verschiedenen Themen aus dem Musikbusiness. (Foto: Christoph Eisenmenger)

Einige Veranstaltende fordern von Bands Rechnungen über Gagen und andere Kosten. Wer darf im Geschäftsleben eigentlich Rechnungen schreiben? Muss man dazu zwingend Unternehmer:in sein und als solche(r) beim Finanzamt gemeldet sein?

Rechnungen darf derjenige schreiben, der regelmäßig Leistungen anbietet, am Markt teilnimmt und ein Unternehmen hat. Das dürfen Privatleute nicht. Also dürfen nur Unternehmer:innen regelmäßig Rechnungen schreiben. Als Privatmensch darf man ggf. einmal pro Jahr Geld einnehmen und eine Rechnung schreiben. Das sind dann steuerlich „sonstige gelegentliche Leistungen“. Sollte man aber generell nicht machen, wenn es nicht unbedingt sein muss.

Stellen wir uns die Praxis bei den ersten kleineren Konzerten vor: Bis zu welchem Betrag reicht es aus,  Barquittungen an Veranstaltende auszustellen? Ab welchem Betrag muss eine Band eine ordentliche Rechnung gem. den jeweils gültigen Vorschriften ausstellen?

Die Rechnungsschreibung ist generell ein Problem. Aus Sicht der Band ist das eigentlich egal, ob sie nur Quittungen oder Rechnungen schreibt. Wichtig ist, dass die Einnahmen lückenlos nachgewiesen werden können (z.B. durch nummerierte Quittungen).

Aus Sicht von Rechnungsempfängern sieht das etwas anders aus. Hier muss man etwas unterscheiden. Dazu zwei Beispiele:
Fallbeispiel eins: Die Band ist Kleinunternehmer und nicht zum Ausweis der Umsatzsteuer berechtigt. Hier reichen dem Veranstalter/der Veranstalterin auch Quittungen. Aus der Quittung muss natürlich Empfänger:in des Geldes eindeutig zu bestimmen sein (vollständige Adresse, Steuernummer etc.).

Fallbeispiel zwei: Die Band ist umsatzsteuerpflichtig; in diesem Fall muss ab Bruttobeträgen von € 250,00 immer eine richtige Rechnung vorliegen. Ansonsten hat der Veranstalter/dieVeranstalterin keinen Vorsteuerabzug. Die Empfehlung ist also: Immer Rechnungen schreiben. Egal, wie hoch der Betrag ist. Hier gibt es dann für alle Seiten die Möglichkeit zur Dokumentation und Überprüfung.

Ist es aus steuerrechtlicher Sicht und zur Dokumentation bei möglichen Prüfungen durch das Finanzamt ratsam oder gar verpflichtend, einen schriftlichen, von beiden Parteien unterschriebenen Gastspielvertrag aufzusetzen oder reicht eine schriftliche E-Mail-Bestätigung über die Grundabsprachen für ein Konzert? Gibt es Vorgaben bezüglich der Höhe des Geschäftsvorfalls, in diesem Fall der Höhe der Konzertgage?

Das ist egal, ob es ein separat aufgesetzter und unterschriebener Vertrag oder eine Mail ist. Hier gibt es steuerlich keine genauen Vorgaben. Aber je genauer alles ist, desto besser.
 

Zahlen bitte: Wenn ihr Geld über Eintritt oder Merch einnehmt, solltet ihr darauf achten,
die Beträge nachvollziehbar in eurer Buchhaltung auszuweisen. (Foto: Julia Schwendner)


Welche Kosten für den Bandbetrieb können gegebenenfalls steuerlich abgesetzt oder als Betriebskosten veranschlagt werden und sind dabei bestimmte Umsatz-/Einnahmegrenzen vorgesehen sowie die Gründung eines Unternehmens Voraussetzung?

Hier geht es ja nur um Ausgaben der Band. Generell ist eine Betriebsausgabe definiert: Betriebsausgaben sind alle Ausgaben, die aus dem Betrieb erwachsen und betrieblichen Zwecken dienen. Also so in einer verständlichen Form ausgedrückt. Das ist sehr vielfältig und kann ganz viele Dinge beinhalten. Bei Prüfungen gibt es da regelmäßig Diskussionen.

Als Beispiel: Eine Band kauft dauerhaft Schminke und Perücken: Hier ist das eine Ausgabe, wenn es sich z.B.um eine Band aus dem entsprechenden Sektor handelt (z.B. Kiss). Ist nur ein Beispiel. Daher können viele Dinge als Betriebsausgaben anfallen. Grenzen gibt es hier nur wenige wie zum Beispiel Kleidung: Wenn diese auch privat getragen werden könnte und keinen Bandaufdruck hat, dann sind das niemals Betriebsausgaben. Es gibt Bands, die spielen nur in Schwarz. Das kann man aber auch privat tragen. Ansonsten ist das ein weites Feld. Wichtig ist nur, dass die Regeln der Abschreibungen zu beachten sind. Das bedeutet: Wenn es teurer (über € 800,00 netto) ist, dann muss der Kaufpreis auf mehrere Jahre verteilt werden.

Muss seitens der Band eine Buchführung erfolgen und wie muss die aussehen (Stichwort: Einnahmen-/Überschussrechnung). Wie sind da die Umsatzgrößen?

Es gibt eine Buchführungspflicht für Betriebe mit einem kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb. Das sind in der Regel Betriebe, die eine Bilanz erstellen müssen oder wollen und keine Gewinnermittlung. Bei Gewinnen von mehr als 60.000 € und einem Umsatz von mehr als 600.000 € müssen auch gewerbliche Betriebe bilanzieren. Das ist erst einmal eine generelle Sache.

Bands haben aber Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Hier gelten nur Aufzeichnungspflichten. Das ist eine vereinfachte Art der Buchhaltung. Es darf eine Gewinnermittlung, eine Einnahme-Überschussrechnung, erstellt werden. Hier müssen alle betrieblichen Dinge festgehalten und auch mit Belegen nachgewiesen werden. Es muss aber zum Beispiel keine Kasse geführt werden. Auch Inventuren sind nicht vorgesehen. Ebenfalls werden hier Forderungen und Verbindlichkeiten nicht berücksichtigt.

Wie sollten Einnahmen aus Bar-Verkäufen am Rande eines Konzerts (z.B. am Merch-Stand) dokumentiert werden? Hier steht ja keine Registrierkasse mit Bons. Und Rechnungen bekommen die Fans beim T-Shirt-oder CD-Kauf bei dieser Gelegenheit in der Praxis ja auch nicht. Was kann passieren, wenn es keine Dokumentation darüber geben sollte?

Die Art der Dokumentation ist nicht vorgeschrieben. Es muss nur sichergestellt werden, dass jede Einnahme auch berücksichtigt wird. Hier gibt es zwei zugelassene Verfahren vom Finanzamt.

Erstens Kassenberichte: Diese gibt es fertig im Bürohandel zukaufen. Da werden die Einnahmen ermittelt. Das ist eine Art, seine Einnahmen zu errechnen. Beispiel: Vor Konzertbeginn sind 100,00 € in der Barkasse; am Ende sind es 800,00 €. Also wurden für 700,00 € Waren verkauft. Hier gibt es dann das Muster, welches für jeden (Tour-)Tag ausgefüllt werden muss.

Zweitens Einzelaufzeichnung: Ich dokumentiere mit einem Zettel, was ich genau verkauft habe: 5 x T-Shirt eins, 8 x T-Shirt zwei und 10 CDs. Daraus kann ich dann auch meine Einnahmen ermitteln. Das ist steuerlich aber ein verdammt schweres Thema. Zu Kassenführungen und Ermittlung der Einnahmen gibt es gefühlt alle halbe Jahre etwas Neues und schärfere Regeln. Allein das Thema füllt mittlerweile mehrere Seminartage.

Damit am Ende nicht nur Konfetti bleibt: Die richtige Anmeldung eurer Einnahmen & Kosten sind elementar, damit ihr am Ende nicht draufzahlt. (Foto: Julia Schwendner)

Wie erfolgt schließlich die Anmeldung von Umsätzen,Einnahmen und Kosten gegenüber dem Finanzamt in der Praxis? Am Jahresende mit einer Steuererklärung oder zu anderen Fristen? Oder trägt jedes Bandmitglied seine Einnahmen aus dem Bandbetrieb in seiner eigenen Steuererklärung ein (sofern die Bandeinnahmen nebenberuflich sind). Wie wird eine Band in der Praxis schließlich besteuert?

Ich schildere das mal für eine GbR. Hier muss einmal pro Jahr eine Gewinnermittlung erstellt werden. Das sind die Einnahmen abzüglich der Ausgaben. Diese Gewinnermittlung muss an das Finanzamt übermittelt werden. Zusammen mit der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung (Steuererklärung). Hier geht dann heraus hervor, wer an der GbR beteiligt ist und wer welchen Gewinnanteil zu versteuern hat. Es wird also der Gewinn ermittelt und nach Anteilen verteilt. Alle Gesellschafter:innen müssen dann diesen Gewinnanteil in ihrer eigenen Steuererklärung mit ihrer eigenen Einkommensteuer versteuern.

Achtung: Hier müssen auch die Ausgaben rein, die jede/r für die GbR selber getragen hat (Sonderbetriebsausgaben). Das sind in erster Linie Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen. Das können aber auch Instrumente sein (Beispiel: Gitarrist:in kauft sich selber eine Gitarre und nutzt sie nur für die Band). Hier bleibt er/sie Eigentümer:in der Gitarre, bezahlt sie auch alleine und kann sie auch alleine als Ausgabe ansetzen, sofern er/sie selbst als Kleinunternehmer:in tätig ist.

Für umsatzsteuerpflichtige Unternehmen gilt, dass ggf. Umsatzsteuer-Voranmeldungen beim Finanzamt eingereicht und bezahlt werden müssen. Das geht monatlich oder pro Quartal. Das richtet sich nach der Summe der Umsatzsteuer im Vorjahr.

Generell gelten als Abgabefrist für Steuererklärungen:
- ohne Steuerberater bis zum 31.07. des Folgejahres (also für 2021 am 31.07.2022)
- mit Steuerberater: am 28.02. des Jahres darauf (also 28.02.2023).

Diese wurde für das Steuerjahr 2021 nochmals verlängert (31.10.2022 ohne Steuerberater und 31.08.2023 mit Steuerberater). Die Fristen für Umsatzsteuer-Voranmeldungen spare ich mir an dieser Stelle mal.

Haben Sie noch weitere Tipps?  Ab wann lohnt es sich zum Beispiel für eine Band, Steuerberater hinzuzuziehen, um die Buchführung zu übernehmen und Anmeldungen gegenüber dem Finanzamt für die Band zu machen?

Die Frage ist echt schwer. Man sollte sich immer Hilfe holen, wenn man unsicher ist und gar keine Ahnung hat. Dann sollte man sich erst mal beraten lassen und entscheiden, ob man gegebenenfalls was selber machen kann oder möchte.

Man kann sich ja auch nur einmal pro Quartal beraten lassen und alles selber machen. Da wird es aber aufgrund der aktuellen Lage schwer, passende Berater:innen zu finden, da alle überlastet sind. Sobald die Band größer wird, würde ich empfehlen, solche Sachen abzugeben, denn es lauert massives Fehlerpotenzial. Das kann dann bei Prüfungen oder Fragen des Amtes echt teuer werden, da ja meist gleich mehrere Jahre berichtigt werden.

Auch im umsatzsteuerlichen Bereich kann man echt viel falschmachen. Ob es nur der Wechsel von Kleinunternehmer:in zu Regelbesteuer:in ist. Oder Konzerte im Ausland oder der Verkauf von Merch ins Ausland. Auch die Künstlersozialkasse sollte man immer beachten. Regelmäßige Buchhaltung macht es auch meist einfacher, Fragen zu klären und zu reagieren, wenn der Gewinn auf einmal sehr hoch oder gering wird.

Wichtig finde ich noch darauf hinzuweisen, dass der Verkauf von Merch eine gewerbliche Tätigkeit ist und ggf. die Einnahmen aus selbstständiger Arbeit „infiziert“. Dann sind alle Einnahmen gewerblich und auch gewerbesteuerpflichtig. Aber auch das ist ein Thema für sich. Man sollte es nur einmal gehört haben.

Ganz herzlichen Dank für das Gespräch und die ausführlichen Erläuterungen.

Sehr gern. Viel Spaß und Erfolg allen Bands da draußen.

Das Interview führte Andreas Haug

Hier findet ihr das Interview mit Fred Schlademann zum Thema "Bandfinanzen Teil 1: Finanzen, Kontoeröffnung, Kontoführung, Finanzierung von Anschaffungen für Musiker*innen auf dem Weg zur Professionalisierung."

 

Weiterführende Links zum Thema:

Allgemeine Begriffe

Was ist eine GbR?

Worunter versteht man Kleinunternehmer?

Wie definiert sich Scheinselbstständigkeit?

Was gilt als Totalgewinn?