Die Zwillingsbrüder Jonas und Marius Dahmen haben zusammen mit Stijn Scheper 2017 ihre Band „Reiche Söhne“ gegründet und sind in dieser Konstellation am liebsten Live unterwegs. Ihre Musik beschreiben sie als ‚Diskurs Pop‘ – eingängige Sounds mit starken Inhalten. Im Interview haben sie erzählt, was sie im Mentoring für ihre Zukunft lernen und was für die Zeit danach ansteht.
Ihr seid die Gewinner des alternativen Landesfinale von local heroes in Sachsen-Anhalt. Wie fühlt es sich an, die Jury von sich überzeugt zu haben?
Marius: Das war total verrückt. Wir haben gerade mit dem MDR in unserem Proberaum gedreht. Uns wurde vorher gesagt, dass verschiedene Bands in einem kurzen Bericht vorgestellt werden sollten. Doch uns wurde noch während der Aufnahmen Bescheid gegeben, dass wir im Bundesfinale sind. Wir haben uns sehr gefreut! Vor allem auch, weil wir schon 2018 im Bundesfinale antreten durften und wussten, dass es wieder cool wird. Es war schön, nochmal die Chance zu erhalten und uns auch mit neuen Sachen vorstellen zu können.
Was, glaubt ihr, hat euch am Ende einen Vorteil in der Auswahl gebracht?
Jonas: In dem Gespräch zur Auswahl war ich eigentlich ziemlich zurückhaltend. Später haben mir die Mentoren erzählt, dass ich sie überzeugen konnte, als ich von unseren Live-Auftritten erzählt habe. Da müssen meine Augen so geleuchtet haben – ich glaube, das hat sie sehr beeindruckt. Wir konnten verdeutlichen, dass wir wirklich für die Sache brennen und Bock haben, uns weiterzuentwickeln.
Warum wolltet ihr bei dem Mentoring mitmachen? Gab oder gibt es da Punkte, die euch besonders auf der Seele brennen?
Jonas: Zum einen war das Mentoring aufgrund der Pandemie für uns interessant. Wir waren als Band schon ziemlich geschwächt und wussten teilweise nicht mehr so genau, warum wir das noch machen.
Das war am Anfang des Mentorings auch ein wichtiges Thema: Das große Warum. Das erstmal wieder herauszufinden und zu definieren, hat uns auf jeden Fall weitergeholfen. (Jonas Dahmen)
Während der Pandemie haben wir wild mit neuen Ideen um uns geschmissen. Wir wollten ernste Musik und weniger Spaß auf der Bühne machen und so weiter. Doch letzte Woche hatten wir wieder unser erstes Live-Konzert auf der Bühne. Da wurde uns sehr schnell klar, dass es Quatsch ist, alles über Board zu werfen, was uns Freude bereitet.
Marius: Es ist auch cool, noch eine dritte oder vierte Person dabei zu haben, die von außen drauf schaut und Tipps geben kann. Obwohl wir schon eine Weile Musik machen, gibt es immer wieder neue Herausforderungen. Wir haben zum Beispiel eine neue Biografie bekommen, aber mussten uns auch mit rechtlichen Dingen beschäftigen.
Konntet ihr das große Warum beantworten?
Marius: Einerseits machen wir das für die Konzerte und die Leute vor der Bühne. Letzte Woche haben wir wieder gemerkt, dass das auch gut funktioniert. Wir wollen aber auch noch gesellschaftskritischer und beobachtender werden.
"Während des Mentorings haben wir uns viel stärker mit unseren Werten auseinandergesetzt und das Ganze als MindMap aufgeschrieben. So sind auch neue Songtexte und Ideen entstanden. Das hat uns echt am meisten geholfen." (Marius Dahmen)
Jonas: Das Ganze wurde zum Schluss in ein eigenes Genre gegossen. Wir fühlen uns weder zu Rock noch Indie ganz zugehörig, deswegen machen wir jetzt ‚Diskurs Pop‘.
Welche Ziele verfolgt ihr mit dem Mentoring-Programm? Welche neuen Erfolge wünscht ihr euch für die Zeit danach?
Marius: Wir wollen verstärkt auf Labels zugehen, auch mit dem Netzwerk vom Mentoring im Hintergrund. Außerdem wollen wir ein neues Album rausbringen.
Jonas: Auch wenn wir „Reiche Söhne“ sind, brauchen wir Förderung. Daran setzen wir uns jetzt wieder. Wir sind schon sehr professionell in unserer Musik und den Live-Auftritten. Aber alles, was außerhalb davon passiert, wie zum Beispiel Merch oder Vinyl-Pressung, hatten wir bisher weniger auf dem Schirm. Über local heroes bekommen wir auch noch ein Fotoshooting und Unterstützung im Tonstudio. Im September kommt ein Produzent für eine Session vorbei, sodass wir dieses Jahr noch neue Musik veröffentlichen können. Also ganz konkret: Ein geiles Album veröffentlichen, gute Promotion und Aufmerksamkeit erzielen und eine geile Tour spielen.
Durch die Corona-Pandemie mussten ja viele Konzerte und Veranstaltungen ausfallen – für Bands und Musiker*innen bedeutet das zum einen, dass dadurch Gagen ausfielen, aber vor allem auch die Möglichkeit zum Netzwerken und auf sich aufmerksam machen. (Jonas Dahmen)
Habt ihr in der Zeit Alternativen dafür gefunden? Oder glaubt ihr, es hätte noch mehr Unterstützung in dem Bereich Networking gebraucht?
Jonas: In der Zeit war es super still. Wir haben im Januar eine EP rausgebracht und es ist nicht viel passiert. Wir hatten eine Radio-Promotion und teilweise gute Erfolge, aber im Netzwerk ist nicht viel passiert. Im Frühjahr haben wir uns außerdem von unserem Management getrennt. Wir haben uns entschlossen nochmal bei local heroes mitzumachen, um auch wieder neue Kontakte zu knüpfen und sich mit anderen auszutauschen. Als wir 2018 noch live im Bundesfinale spielen durften, hatten wir so viele Netzwerk-Möglichkeiten. Wir hatten dadurch besseren Anschluss und konnten zum Beispiel beim Forrest Jump Festival spielen. Wenn sowas wieder passiert, wäre das super. Wenn wir unser Süppchen hier alleine kochen, wird das jedoch schwierig.
Seht ihr eher Vorteile oder Nachteile darin, Musik in einer kleineren Stadt wie Halle zu machen, als zum Beispiel Berlin?
Marius: Ich will mir da eigentlich kein Urteil anmaßen. Halle ist eine coole Stadt, hier gibt es viele kreative Leute, aber bei uns kam nicht so viel zustande. Bei dem letzten Konzert haben wir jedoch gemerkt, dass es hier eine aufgeweckte Szene gibt. Wir finden die Leute cool, die Leute finden uns cool - da müssen wir wieder mehr machen. Wenn ich nach Leipzig fahre und Musiker*innen treffe, sehe ich ein riesiges Netzwerk. Wir müssen sowas viel mehr nutzen und mehr auf die Leute zugehen. Wir wollen auf jeden Fall nicht nach Berlin (lacht).
Was könnt ihr jungen Musiker*innen und Bands mitgeben, die selbst noch ganz am Anfang stehen?
Jonas: Bei dem Mentoring sind viele dabei, die gerade erst anfangen. Manchmal fühlt man sich da ein bisschen fehl am Platz. Da standen wir aber auch man nicht gleich etwas unterschreibt.
Lieber fünf Mal drüber schlafen. Nur weil jemand ankommt und sagt „Ich mach euch ganz groß!“, glaubt das nicht sofort. Das
haben wir gelernt. (Jonas Dahmen)
Marius: Ich finde es außerdem cool, wenn eine Band ein Konzept hat. Wir haben unser Konzept „Reiche Söhne“ auch komplett durchgezogen. Auch ein googlebarer Name wird oft unterschätzt (lacht). Und wir können nur allen ans Herz legen: Macht bei local heroes mit! Das lohnt sich total.
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Das Interview führte Laura Klar (Mona Lina PR).
Titelbild: Christoph Eisenmenger