Am 23. Juni wird ausgewählten bayerischen Newcomer:innen eine große Bühne geboten. Auf dem „ab geht die Lutzi“ präsentieren sie ihr Können.

Das local heroes Bayern-Team freut sich über seine Top5: „Flimmer“ aus Regensburg, „Barska and The Factory“ aus München, „Vermilion“ aus Nürnberg, „Fliegende Haie“ aus Augsburg und München sowie „Tilman“ aus Bad Neustadt, die in wenigen Wochen ins Landesfinale 2023 einziehen. (Foto: Dani Red)

In Rottershausen stehen die Zeichen auf „Vorfreude“. Im Jahr zwei nach der Pandemie wird es erneut ein Landesfinale von „local heroes Bayern“ auf der Zeltbühne des „ab geht die Lutzi“ geben. Fünf Acts haben sich in einem mehrstufigen Auswahlverfahren für die bayerische Ausgabe von Deutschlands größtem Non-Profit-Musikpreis qualifiziert. Für sie geht es an diesem Abend aber nicht nur um „Ruhm & Ehre“. Sie alle haben die Chance, sich innerhalb eines etablierten Netzwerks nachhaltig weiterzuentwickeln.

„Es erfüllt uns immer wieder mit größter Freude, wenn wir sehen, welche immensen Potenziale in den bayerischen Proberäumen schlummern“, sagt Nicole Oppelt von „local heroes Bayern“. Seit Dezember vergangenen Jahres lief die Bewerbungsphase für das nun anstehende Landesfinale. Und die zahlreichen Einsendungen konnten sich sehen und vor allem hören lassen. „Schon die Auswahl der 20 vielversprechendsten Acts war eine echte Herausforderung“, so Dani Straßner, die sich zusammen mit Nicole Oppelt seit rund 20 Jahren ehrenamtlich im Nachwuchsmusiker:innen-Bereich engagiert. Mit Hilfe enger Vertrauter und Unterstützer:innen des bayerischen Musikpreises kristallisierte sich schließlich ein Teilnehmer:innenfeld heraus, das „vielfältiger denn je“ zu sein schien.

Vor einigen Wochen übergaben die Landesveranstalterinnen das „Zepter“ nun an eine Fachjury, die die bayerischen Top5 und damit die Teilnehmer:innen am Landesfinale ernennen durften. Sie entschieden sich für „Flimmer“ aus Regensburg, „Barska and The Factory“ aus München, „Vermilion“ aus Nürnberg, „Fliegende Haie“ aus Augsburg und München sowie „Tilman“ aus Bad Neustadt.

„Deutschpop auf hohem Niveau voller Hooks und mit grandioser Energie“, lobt Juror Dr. Ole Löding die Band „Flimmer“. (Foto: Pressematerial)

„Flimmer“ erzeugen ein eigenes Klanguniversum

„Wir haben es hier mit einer spannenden Mixtur zu tun“, sagt Dani Straßner. So schickt die oberpfälzische Landeshauptstadt Regensburg mit „Flimmer“ eine Band ins Rennen, die gekonnt synthesizergetränkten Indie-Sound mit Sprechgesang und melodischen Hooks verbinden. Dabei lassen sie in bester Casper-Tradition die 2010er-Jahre wieder auferstehen und geben ihrer klanglichen Vision noch eine kräftige Breitseite an modernen Einflüssen wie Autotune oder trappige Drumfills mit. „Bevor ich euch glaub, glaub ich lieber gar nichts mehr“ – Ob Flimmer schließlich wirklich niemandem mehr glauben oder die Hoffnung am Ende des Tages doch noch erscheint, lassen Sie in ihren deutschen Texten gekonnt offen. Dabei greifen Lyrics und das musikalische Arrangement sowohl kraftvoll als auch melancholisch ineinander und erschaffen ein Gesamtkonzept, das zum genauen Hinhören einlädt und mit Sicherheit, der/m einen/m oder anderen aus der Seele sprechen wird. „Flimmer“ erzeugen dabei ein eigenes Klanguniversum, das zum Entdecken einlädt.

„Barska and the Factory zaubern mit ihren durchdachten Streicher-Arrangements eine ganz spezielle Dramatik und Dringlichkeit, die zum Hinhören und Eintauchen einlädt“, lädt Juror Oliver Strosetzki zum Zuhören ein. (Foto: Anna Stangl)

„Barska and the Factory“ besingen das Leben in all seinen Facetten

Wer „Barska and the Factory“ aus München schon einmal gehört hat, wird dieses Gefühl kennen: Traurigkeit und Nostalgie trifft auf unbändige Lebenslust. Das siebenköpfige Musikerinnenkollektiv erzeugt mit seiner Musik eine unverkennbare Melange aus Jazz-, Klassik-, Folk- und Rock. Kein Wunder, kommt jede der Musiker:innen doch aus ihrem eigenen künstlerischen Habitat und bringt dadurch eine ganz eigene Sichtweise auf ihre Musik mit, die sie zusammengefasst mit sphärischem Indie-Folk-Pop bezeichnen. Besonders hervorzuheben ist die geschmackvolle Instrumentalisierung, bei der neben Schlagzeug, Bass und Piano, zusätzlich noch ein Streicherduo den Bandsound abrundet und eine ganz eigene Klangerfahrung kreieren. In Ihrem Song „Footprints“ (in the Sand) besingen sie noch die eigene Vergänglichkeit, während der Song „Last Train“ leichtfüßig den Akt der Liebe am Meer besingt – das Leben in all seinen Facetten...

Jurorin und Singer-Songwriterin Victoria Semel (MainPop BandCamp-Dozentin) ist hin und weg von „Vermilion“: „Gute Bühnenenergie, die Songs funktionieren super, und die Vocals sind ziemlich on point.“ (Foto: Pressematerial)

„Vermilion“ liefern nicht nur eine ausgefuchste Rhythmusfraktion

„Vermilion“ steht nicht nur für einen der berühmtesten Songs der legendären Maskenschreck-Band „Slipknot“, sondern ist auch titelgebend für die gleichnamige fünfköpfige Metalcore-Band aus dem mittelfränkischen Nürnberg. Im Vordergrund stehen pfeilschnelle Lead-Gitarren, knackige Riffs sowie eine ausgefuchste Rhythmusfraktion, die mächtig nach vorne preschen und keinen Zweifel aufkommen lassen, dass „Vermilion“ es mit ihrer Musik ernst meinen. Dabei verstecken sie sich nicht hinter ihrer vermeintlichen Härte, sondern lassen mit den überzeugenden Vocals, die von hart bis zerbrechlich oszillieren, eine Unsicherheit durchblicken, die uns alle im Alltag begleitet und ihrer Musik einen emotionalen und zutiefst menschlichen Touch verleiht. Wenn sich harte Hooks mit cleanen Strophen abwechseln, bedienen „Vermilion“ gekonnt genretypische Konventionen und brechen diese gleichzeitig mit Anleihen aus dem Alternative Rock in einem Atemzug wieder auf.

„Man sieht und hört viel Neues, findet vieles erstmal weird und weiß nicht so recht, wie man das einordnen soll. Aber gerade deswegen ist das Projekt eben auch so spannend und interessant“, sagt Juror Andi Jäger von Pop RotWeiß über die „Fliegenden Haie“. (Foto: Pressematerial)

„Fliegende Haie“ wühlen in der elektronischen Trickkiste

Die „Fliegenden Haie“ aus München und Augsburg bezeichnen ihre eigene Musik als Sharp Electro Pop – manchmal muss es eben wehtun. Mit Genuss wühlt das Duo in der elektronischen Trickkiste von Drumcomputern, flirrenden Synthesizern, Samples sowie Vocodern und erzeugt damit einen plastischen Sound, der sowohl unmittelbar zum Tanzen animiert, aber gleichzeitig mit vielschichtigen Texten auch zum Nachdenken anregt. Dabei stellen sie eigenmächtig die Frage in den Raum, ob Pop wirklich nicht anecken darf und Club-Beats die Aussagekraft eines Songs unterminieren – und schreien die Antwort mit einem klaren und deutlichen Nein hinaus in die Welt. Mit ihrem Debütalbum „Amor & Psyche“ eröffnen die „Fliegenden Haie“ das Panoptikum aus Pop, Rap, EDM und Gesellschaftskritik und tragen diese selbstbewusst von der Tanzfläche in eine Gesellschaft, dessen Individuen sich mit jedem Tag, dem eigenen mentalen Abgrund nähern – das ist der Wakeup-Call, also tanzt verdammt noch mal!

„Vor allem die Live Session finde ich super. Die Stimme und der Sound catchen. Schafft es gleichzeitig modern zu sein und‚ was für Mukker‘“, legt Sängerin Victoria Semel allen Musikfreund:innen „Tilman“ ans Herz. (Foto: Pascal Schattenburg)

„Tilman“ kreieren eine musikalische Reise in das Innerste

„Verliere mich im Selbstzerstörungsdrang, um zu Gefallen – so tief, um nie wieder Anzufangen“ – die Themen von Sänger und Frontmann Tilman und der gleichnamigen Band aus dem unterfränkischen Bad Neustadt kreisen immer wieder um das menschliche Emotionsspektrum von Selbstverlust, Verzweiflung und Orientierungslosigkeit. Wie eine schützende Schale, kreiert der sensible Barde um diese Gefühlswelt eine lebensbejahende Mischung aus Ehrlich- und Zerbrechlichkeit. Diese selbstzerreißende zwischenmenschliche Vision steht auf einem Fundament von in Reverb ertränkten Gitarren, verspielten Trapbeats und hellwachen Arrangements, die gekonnt den Brückenschlag zwischen Indie, Pop und Jazz schaffen und sich dabei klanglich immer wieder neu erfinden. Das Endergebnis ist eine musikalische Reise in das Innerste, den verwundbaren Kern, der nach außen hin zur Schau gestellt wird und den Zuhörenden mit einer unerschütterlichen Wahrheit konfrontiert: Ihr seid nicht allein.

local heroes Bayern 2023: Ein „bockstarker Jahrgang!“

„Insgesamt sehr hohes Level dieses Mal und tolle Genre-Vielfalt! Ich bin gespannt, wer das Rennen gewinnt“, so Produzent, Songwriter und Mix-Engineer Jens Schneider (Max Giesinger, Wincent Weiss, 1986zig oder Civo) über die diesjährigen Teilnehmer:innen. Lob gab es auch von Juror Erwin Oppelt. Der erfahrene Tontechniker attestiert den bayerischen Top5 ein „professionelles Level“, das „schon erstaunlich“ wäre. Dem kann sich sein Juror-Kollege Dr. Ole Löding nur anschließen. Der Musikjournalist und Autor sagt mit Blick auf seine vergebenen Punkte: „Bockstarker Jahrgang! An so viele 8,9,10er kann ich mich kaum erinnern.“ Auch Gitarrist Benedikt Schlereth (MainPop BandCamp-Dozent) hatte viel Freude mit dem Teilnehmer:innen-Feld. „Es hat richtig Spaß gemacht!“, so sein Fazit. Es sei spannend gewesen zu sehen, „in welcher Menge die Bands hochwertige Videos am Start haben“. Das sei „total verrückt“. Die Künstler:innen seien „auch tatsächlich alle recht unterschiedlich in Bezug auf ihre Musik“, gewesen. „Wirklich coole Sache!“

Die Unterstützer von local heroes Bayern.

Musik ist Nahrung für die Seele

Das finden auch die Veranstalterinnen von „local heroes Bayern“. Voller Zuversicht blicken sie nun in den Sommer 2023. Tatkräftig mit an diesem Strang ziehen auch die Unterstützer:innen von „local heroes Bayern“: Merchdeals, Cordial GmbH, Nadel NESt (Tattoo & Piercing), STOLZ Bauunternehmen (Hammelburg), Bamberger Festivals e.V., VPBy (Verband für Popkultur in Bayern e.V.), ah computerbusiness GmbH (Euerdorf), ARTIST RADAR, MAINPOP und natürlich das „ab geht die Lutzi“-Festival. „Zusammen mit diesen wunderbaren Menschen sind wir wild entschlossen, den kommenden Sommer zu einem unvergesslichen Erlebnis für alle Musikfreund:innen werden zu lassen. Kultur – insbesondere Musik – ist Nahrung für die Seele. Und davon kann man in bewegten Zeiten nie genug haben“, sagt Nicole Oppelt.

Vorstellung der TOP5: https://bit.ly/40HJ3gx

Text: Oliver Strosetzki/Nicole Oppelt