Auf dem Weg zu den ganz großen Bühnen

THE JEALS wollen es wissen: Seit 2013 ist die Band aus Halberstadt aktiv, träumt von der Mainstage von „Rock am Ring“ und möchte mit tiefgründigen und sozialkritischen Texten ihre Hörer bewegen. Auf ihrem Weg zum Erfolg nehmen sie am 12. Mai beim local heroes Vorausscheid in Aschersleben teil.


Léonie, du bist Leadsängerin der Band „The Jeals“ aus Halberstadt, die viele noch von local heroes 2016 sowie von euren zahlreichen Gigs kennen sollten. Damals wart ihr noch zu fünft. Erzähl doch nochmal, was hat sich bei euch in den letzten zwei Jahren getan?

Die größte Veränderung war wohl, dass vor zwei Jahren unsere beiden ehemaligen Gitarristen Eric und Alex die Band aufgrund ihres Studiums verlassen mussten. Zunächst blieben wir ein Trio und ich übernahm selbst den Gitarren-Part. Im letzten Jahr stieß dann Leonardo dazu, der als italienischer Austauschschüler von der Familie unseres Schlagzeugers aufgenommen wurde und sich als wahrer Gott an der Gitarre herausstellte. Er hat sich schnell super eingefügt, und wir hoffen natürlich, dass er nach seinem Abitur in Italien zurück nach Deutschland kommt. Durch den Ausstieg unserer Gitarristen, vor allem durch unseren Songwriter Alex, hat sich auch unser Musikstil verändert. Unser Hauptsongschreiber ist nun unser Schlagzeuger, der zu diesem Zweck extra Gitarrespielen gelernt hat. Wir sind jetzt nicht mehr so kuschelrock-mäßig unterwegs, sondern stehen nun für Pop-Punk und ein wenig Metal.

Wenn du an eure ersten Gehversuche als Band zurückdenkst, wie hast du das in deiner Heimat Halberstadt wahrgenommen? War es leicht für euch, Gigs zu landen und entsprechend supportet zu werden? Welche Rolle hat es für euch gespielt, aus einer kleineren Stadt in Sachsen-Anhalt, aus Halberstadt, zu kommen?

Zunächst haben wir Halberstadt nicht unbedingt als idealen Startpunkt gesehen. Es wäre sicher einfacher für uns gewesen, in einer größeren Stadt mit einer ausgeprägteren Rockszene unsere ersten Schritte zu machen – zum Beispiel in Leipzig. In Halberstadt und Umgebung besteht kein wirklicher Bedarf an Bands, vor allem an Rockbands, so dass es zu Beginn nicht leicht war, Auftritte zu bekommen und ein größeres Publikum zu erreichen. Allerdings haben wir es durch harte Arbeit dann doch geschafft - etwa anderthalb Jahre nach unserer Gründung bekamen wir zunehmend Anfragen von Veranstaltern. Kurz bevor unsere Gitarristen ausgestiegen sind, hatten wir gut gefüllte Terminkalender.

Auch wenn wir uns auf privater Ebene durchaus mit Halberstadt und Sachsen-Anhalt identifizieren und das Bundesland landschaftlich sehr reizvoll und schön finden, spielt unsere Heimat für uns als Band keine große Rolle. Wir fühlen uns vor allem Veranstaltungsorten wie der Zora und dem KOMM’MA-Verein verbunden. Leider läuft in Sachsen-Anhalt auch auf Verwaltungsebene viel schief. Auch der immer stärkere Rechtsruck bereitet uns Sorgen.

Ihr habt inzwischen bei mehreren Band-Wettbewerben teilgenommen. Was bringt die Teilnahme euch als Band? Wovon habt ihr bisher am meisten profitiert?

Wettbewerbe sind für uns eine tolle Möglichkeit, neue Fans zu finden und unser Publikum zu erweitern. Auch Kontakte zu anderen Bands zu knüpfen ist uns sehr wichtig. Bei einem Band-Wettbewerb haben wir zum Beispiel „Feige Freunde“ kennen gelernt, mit denen wir später auch gemeinsam aufgetreten sind. Darüber hinaus machen Auftritte bei Band-Contests einfach besonders Spaß, denn die Leute sind ja extra wegen den Bands gekommen. Und der Spaß steht für uns nach wie vor mit im Vordergrund!

Bei local heroes seid ihr dieses Jahr schon zum zweiten Mal dabei. Was macht der Contest für euch aus, und was hat euch zu einer erneuten Teilnahme bewogen?

Bei local heroes hatte uns damals vor allem die lockere Atmosphäre gefallen. Wir wollen natürlich jede Chance nutzen, aufzutreten – local heroes bietet da eine tolle Möglichkeit.

Die letztjährigen Gewinner bei local heroes kommen aus Sachsen-Anhalt. Setzt euch das besonders unter Druck, oder motiviert es euch eher?

Woher der Gewinner aus dem letzten Jahr kommt, ist uns ziemlich egal. Wir machen dieses Jahr mit, möchten überzeugen und werden dafür unser Bestes geben!

Auf eurem Bandprofil auf der local-heroes-Website ist zu lesen, dass ihr nicht nur mit den großen Bands spielen, sondern eine dieser großen Bands sein wollt. Habt ihr einen ganz speziellen Traum, den ihr verfolgt? Wollt ihr auf einem bestimmten Festival spielen, oder träumt ihr von einem Platinalbum?

Grundsätzlich würden wir zu einem Platinalbum natürlich nicht Nein sagen, auch wenn das nicht unser großes Ziel ist. Wir träumen aber davon, irgendwann auf der Mainstage von „Rock am Ring“ zu spielen, sozusagen der Headliner in der Königsklasse zu sein. Am Wichtigsten ist uns jedoch, so viele Leute wie möglich mit unserer Musik zu erreichen. Für uns bedeutet Musik nicht nur Spaß – unser Leben lang haben uns Songs immer wieder auf wichtige Themen gestoßen und in unserer gesellschaftlichen Wahrnehmung beeinflusst. Dasselbe möchten wir mit unseren Texten erreichen, weshalb diese immer eine tiefere Bedeutung haben.

Welche Themen sind euch dabei besonders wichtig?

Uns liegen ganz unterschiedliche Themen am Herzen – das merkt man auch an der inhaltlichen Vielfalt unserer Songs. Im Kern geht es aber oft darum, dass heutzutage zu viel einfach hingenommen wird: Von Umweltverschmutzung über Rassismus bis hin zu Lobbyarbeit. Das allgemeine Desinteresse der Leute macht uns traurig. Viele sagen, ein einzelner könne eh nichts bewirken, doch wenn alle so denken, erfüllt sich diese Prophezeiung von selbst. Wir möchten unsere Hörer dazu auffordern, nicht wegzuschauen und etwas gegen die Probleme unserer Zeit zu unternehmen.

Ihr habt große Träume – was sind eure Ziele auf dem Weg zu ihrer Erfüllung, und wie möchtet ihr diese erreichen?

Unser temporäres Ziel ist es natürlich, möglichst viele Auftritte vor möglichst großem Publikum zu spielen. Wir möchten eines Tages von der Musik leben können und stellen alles andere für diesen Traum hinten an. Außerdem arbeiten wir gerade an unserem ersten richtigen Album, nach dessen Veröffentlichung wir eine größere Tour planen.

Inwiefern wünscht ihr euch mehr Unterstützung für junge Bands, gerade in Sachsen-Anhalt?

Der Umgang mit jungen Bands in Sachsen-Anhalt ist tatsächlich ein wunder Punkt für uns. Wir erleben Tag für Tag, dass immer mehr Clubs und Konzert-Locations schließen, weil sie vom Land keinerlei Unterstützung, ja teilweise sogar Steine in den Weg gelegt bekommen. Das betrifft unter anderem auch die Zora in Halberstadt, die sich ohne Ehrenamtliche nicht über Wasser halten könnte und zum Teil nicht mal mehr ihren Bands eine Gage zahlen kann, weil die Unterstützung von Stadt und Land fehlt. Wir wünschen uns deshalb, dass Clubs mehr gefördert werden und es wieder attraktiver wird, neue Clubs zu eröffnen. Junge Musikerinnen und Musiker haben sonst kaum noch Möglichkeiten, auf Bühnen zu spielen.

Nach wie vor sind viele Rockbands männerdominiert, und auch du bist du einzige Frau in deiner Band. Was rätst du anderen Mädchen, wenn sie in der männerdominierten Musikszene durchstarten wollen?

Ich denke nicht, dass es grundsätzlich schwieriger für eine Frau ist, sich in der Rock-Szene zu etablieren. In zahlreichen Bands, wie bei Arch Enemy oder uns, haben Frauen die Frontposition übernommen. Viele Frauen sind jedoch selbstkritischer als ihre männlichen Kollegen. Auch mir fiel es am Anfang schwer, aus mir herauszukommen und an mich zu glauben. In meinem Freundeskreis und bei Band-Wettbewerben habe ich oft überlebt, dass Musikerinnen viel häufiger Fehler bei Auftritten bei sich selbst suchen – obwohl sie überhaupt nichts falsch gemacht haben. Musikerinnen brauchen einfach noch mehr Selbstbewusstsein! Ich beobachte aber auch einen Wandel: Bei den Band-Contests vor zwei, drei Jahren war ich oft die einzige Frau im gesamten Teilnehmerfeld. Bei unserem letzten Wettbewerb hatten dagegen über die Hälfte der Bands weibliche Mitglieder. Langsam tut sich da also etwas.

Der Newcomer-Wettbewerb local heroes bietet jungen Solo-Künstler*innen und Bands wie THE JEALS die Möglichkeit, sich einem neuen Publikum zu präsentieren. In regionalen Vorausscheiden qualifizieren sich die Musiker*innen für das Landes- und schließlich für das Bundesfinale in Salzwedel. Tolle Sachpreise, spannende Workshops und ein großes Netzwerk erwarten die Teilnehmer*innen. Interessierte Artists können sich für die Vorausscheide, die noch bis Anfang September in ganz Sachsen-Anhalt stattfinden, unter www.local-heroes.de kostenlos anmelden.

Das Interview führte Lina Burghausen: Mona Lina

Das Bild wurde zur Verfügung gestellt von The Jeals