Colour Rain: „In unserer Musik kann sich jeder wiederfinden“
„Melodien um Melodien in die Köpfe der Hörer einnisten“, das ist die erklärte Mission der Band Colour Rain. Ihre neu erschienene EP mit der Single „Life can be the answer“ ist ein vier Songs starker Tanz-Garant.
In ihrer sechsjährigen Bandhistorie teilten sich die vier Musiker aus Mühlhausen bereits die Bühne mit Stars wie Sarah Connor, Luxuslärm, Die Atzen, Ray Wilson – und am 1. September nun auch mit den spannendsten Newcomern Thüringens beim local heroes Landesfinale. Gute Laune, positive Texte und Songs mit Hit-Faktor hat die Band in jedem Falle im Gepäck.
Die Liste der Künstler*innen, mit denen ihr gemeinsam auf der Bühne standet, ist lang. Nun rockt ihr das local heroes Landesfinale. Was fasziniert euch nach so vielen Jahren Stage-Erfahrung an Bandwettbewerben?
Marcel: Unsere Motivation, bei einem Band-Contest mitzumachen, ist eigentlich dieselbe, die uns auch auf der Straße oder auf großen Bühnen auftreten lässt: Wir wollen neue Ohren erreichen, denen unsere Musik gefällt. Da ist es egal, ob wir vor vielen tausenden oder nur zwei oder drei Leuten spielen. Wenn so ein Contest dann auch noch vor der eigenen Haustür stattfindet, ist das natürlich ein Must Have, da mitzumachen.
Nun findet local heroes ja nicht nur vor eurer Haustür, sondern vor dem eigenen Hauptbahnhof statt. Zum ÖPNV habt ihr eine ganz besondere Bindung – gerade erst habt ihr ein neues Musikvideo veröffentlicht, das in einer Erfurter Straßenbahn spielt. Was ist die Geschichte dahinter?
Marcel: Unser Plan war: Wenn wir eine ganz normale Straßenbahnfahrt, wie sie jeder kennt, einfach ausarten lassen in eine wilde Party, dann unterstreicht das auf subtilste Art und Weise die Message des Songs „Life can be the answer“: Das Leben ist eine Bühne – tanze! Es gibt Konfetti, Tänzer und gute Laune. Mit unserer Video-Idee haben wir einfach bei der EVAG angefragt und ihnen den Song gezeigt, von dem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort begeistert waren. Was genau wir beim Dreh machen wollten, haben wir allerdings nicht ganz genau verraten, weil wir nicht wussten, ob wir für Konfetti-Kanonen das Go bekommen. Daher haben wir unsere Ideen nur angedeutet, und von der Nebelmaschine und unseren Tänzern erzählt. Was am Ende rauskam, hat der EVAG sehr gut gefallen. Die waren sehr angetan, aber vermutlich auch etwas schockiert, was wir wirklich alles in ihrer Straßenbahn gemacht haben. Bei unseren Musikvideos machen wir es immer so, dass wir auf der Straße wildfremde Leute zum Videodreh einladen. Wir haben ihnen vorher gesagt, was sie tun sollen, und es sind wirklich alle gekommen. Wir haben uns deshalb dazu entschlossen, regelmäßig Fremde als Protagonisten in unsere Videos zu holen, um auch so unseren Namen ein wenig bekannter zu machen und ein größeres Publikum zu erreichen.
Wer musste die Bahn nach dem Dreh sauber machen und das ganze Konfetti entfernen?
Marcel: Wir hatten viele fleißige Helfer dabei, die sogar während des Drehs die Bahn sauber gemacht haben. Viele Szenen mussten wir zu einem festen Zeitpunkt drehen, so zum Beispiel die Kissenschlacht-Szene, die ganz am Anfang gefilmt werden musste. In Sachen Aufräumarbeiten war das auf jeden Fall eine der krassesten Szenen. Die vielen kleinen Federn aus allen Ritzen der Bahn zu kriegen, war ein riesiger Aufwand, für den man eigentlich fast eine Sauerstoffmaske gebraucht hätte. Die Federn haben sich wirklich in jede Lungenpore verkrochen. Das war schon sehr viel Arbeit. Unsere Helfer haben ein großes Dankeschön von uns verdient.
Nach eurer neuen EP ist nun ein Album in Planung. Schon immer seid ihr für einen bunten Stilmix aus verschiedenen Genres der Pop- und Rockmusik bekannt. Wo geht bei eurem kommenden Album die Reise musikalisch hin?
Marcel: Das Album soll nahtlos an die vier Songs der EP anknüpfen. Es wird 100 Prozent tanzbare und ansteckende Musik sein, die zum Mitsingen einlädt. Wir haben bei unserem vorherigen Album „24/7“ viel Message reingepackt, aber jetzt gemerkt, dass es ganz gut ist, vielleicht ein bisschen weniger zu erzählen und den Leuten mehr Freiraum für ihre eigenen Interpretationen zu lassen. Das kommt echt gut an, da holen wir die Leute musikalisch und inhaltlich ab. In unserer Musik kann sich jeder wiederfinden.
Eure Musik ist außerordentlich energetisch und positiv, es geht viel darum, gemeinsam das Leben zu genießen. Kommt das in euren Augen heutzutage manchmal zu kurz?
Marcel: Es gibt da ein Zitat, das unser momentanes Feeling gut zusammenfasst: Man kann mit Musik die Welt nicht verändern, aber unterhalten. Das haben wir uns auf die Fahne geschrieben. Wenn man die Leute unterhält, holt man sie ab und schafft es auch, tiefgründige Inhalte weiterzutragen. Eine positive Message ist uns wichtig. Wir finden, dass sich heute viel zu viel beschwert und rumgejammert wird. Man muss einfach mehr Spaß haben und das Leben genießen, denn es ist viel zu kurz. Augen auf – dann sieht man viele tolle Sachen. Unsere Musik soll das unterstreichen.
Seit 2012 steht ihr in eurer jetzigen Formation gemeinsam auf der Bühne. Was war für euch in eurer Bandhistorie der bisher größte Meilenstein?
Marcel: Meilensteine und tolle Erlebnisse gab es sehr viele. Wir haben beispielsweise mal auf der Burg Hohenzollern gespielt. Das war ein ziemlich toller Gig, auch wenn wir nur die Vorband waren. Über 3.000 Leute waren in dem riesigen Burghof, das Ambiente war fantastisch. Auch nach über einer Stunde unseres Sets haben die Leute noch nach einer Zugabe gerufen. So ein großes Publikum zu begeistern, hat mega Spaß gemacht. Doch die eigentlichen Meilensteine beginnen früher: Allein zu sehen, wie aus einer Idee ein Song wird, dann auszuprobieren, wir er auf der Bühne wirkt und bei den Leuten ankommt – das ist wahnsinnig spannend. Wir hoffen natürlich, dass unsere größten Meilensteine noch vor uns liegen. Wir wollen ins Radio, noch mehr Leute erreichen. Als Thüringer Band ist das allerdings nicht so einfach.
Dennoch seid ihr bislang nicht dem Ruf der Hauptstadt gefolgt, so wie viele eurer Musiker-Kolleg*innen es getan haben. Was macht es für Musiker*innen in Thüringen so schwer? Und was lässt euch dennoch die Treue zu eurem Heimatbundesland halten?
Marcel: Thüringen ist für Bands tatsächlich eher ein Handicap. Egal wo man vorspielt, sobald das Wort Thüringen fällt, steckt man ein Stück weit in einer Schublade. Wir sind eben wirklich nur für Klöße und Bratwurst bekannt, vielleicht dann noch für Clueso und Yvonne Catterfeld. Das ist zum Teil ein Fluch, zum Teil aber auch eine Chance. Diese Chance wollen und müssen wir nutzen. Deshalb brechen wir nicht nach Berlin auf, sondern versuchen als Band aus Thüringen Fuß zu fassen und zu zeigen, dass man hier auch Popmusik machen kann. Die Infrastruktur dafür ist jedoch quasi nicht existent. Die Szene, die man in anderen Großstädten findet, fehlt hier komplett. Entsprechend schwer ist es, Gehör zu finden und an die richtigen Ohren zu kommen. Umso wichtiger finden wir es, uns häufig einem neuen Publikum zu präsentieren. Der local heroes-Contest bietet dafür eine tolle Chance.
Der Gewinner-Act im local heroes Landesfinale wird Thüringen im Bundesfinale vertreten – das erste Mal seit zehn Jahren wird es damit überhaupt wieder eine Thüringer Band bei local heroes geben. Inwiefern seht ihr euch als geeignete Repräsentanten eures Heimat-Bundeslandes?
Marcel: Das ist eine schwierige Frage. Prinzipiell kann man Musik ja schlecht ein Adjektiv wie „thüringisch“ zuordnen – das ist bei Essen schon einfacher. Wir stehen auch nicht mit Wanderrucksack und Gehstock mit Klingel auf der Bühne, damit die Leute mit unserer Band gerade Thüringen assoziieren. Das einzige, was wir zeigen können, ist, dass wir mit Hingabe und Leidenschaft dabei sind, dass wir für Thüringen einen sehr ungewöhnlichen, sehr Mainstream- und Pop-lastigen Sound haben. Wenn diese Musik es schafft, über die Landesgrenzen hinweg Leute zu begeistern, dann ist das alles, wovon wir nur träumen können. Wenn wir das erreichen, sind wir, denke ich, auch würdige Repräsentanten für Thüringen.
Die neue EP von Colour Rain ist unter anderem auf der Website der Band unter http://www.colourrain.de/ zu hören. Weitere Informationen: http://bands.local-heroes.de/colour_rain und https://www.facebook.com/colourrain.de/.
Interview: Lina Burghausen von Mona Lina
Bild: Pressebild COLOUR RAIN