Federhall: Musik ist "etwas, dass wir einfach machen müssen [...] etwas, das uns in einen Rausch versetzt, wie wenig andere Dinge."
Zwischen 80er-Synthesizern und kratzigen Surfgitarren, zwischen Las-Vegas-Spielkasino und DDR-Eckkneipe, da stehen Federhall und nehmen nochmal einen kräftigen Zug von der Zigarette. Sie spielen Garagenrock im feinen Zwirn, Kraut mit NDW-Ästhetik oder manchmal auch nur filigranen Krach. In der Summe entsteht eine deutsch-englische Mischung energetischer Vintageklänge.
Bisher hat das Quintett zwei EPs zum Besten gegeben. Dazu gesellt sich das zehnminütige Flaggschiff BONNER LIEBE, welches sämtliche Facetten der Gruppe erkundet, um in einer unhaltbaren Klangorgie zu münden, die keinen Fuß stehen lässt.
Hannes, Leroy, Mark, Robin und Nico: Ihr seid die Magdeburger Band Federhall! Uns würde mal interessieren, wie es dazu kam, dass ihr euch in dieser Konstellation zusammengefunden habt.
Hannes, Leroy und Mark kennen sich bereits aus Schulzeiten und haben versucht ein musikalisches Projekt auf die Beine zu stellen. Auch wenn die Richtung noch sehr offen war, war klar, dass uns ein Gitarrist fehlte. Glücklicherweise trafen wir den gitarrespielenden Robin bei einem großen Magdeburger Flunkyballturnier. Es lag sofort Freundschaft in der Luft. Zusammen haben wir dann die erste EP aufgenommen und recht schnell gemerkt, dass gerade für die klangliche Gestaltung der Liveauftritte noch eine zweite Gitarre fehlte. Hier kam dann Nico aus einer befreundeten - sicher aber auflösenden - Band ins Spiel. In dieser Besetzung sind wir nun ca. zwei Jahre unterwegs, nehmen fleißig auf und lassen dem Spaß freien Lauf.
Jetzt gerade ist alles etwas anders, aufgrund des umher schwirrenden Virus, wie geht ihr mit dieser Situation um? Habt ihr einen Weg gefunden trotzdem zu proben oder fällt das jetzt erst einmal weg?
Hauptsächlich sind wir zurzeit mit den Aufnahmen für unsere dritte EP beschäftigt. Das ließ sich bisher auch ganz gut realisieren. Die Anzahl der Proben ist deutlich geringer geworden, aber wir versuchen natürlich, das Zusammenspiel nicht einrosten zu lassen. Schließlich müssen wir ja sofort spielbereit sein, sollte sich die Situation wieder entspannen.
Und wie sieht das normalerweise mit eurem Zeitmanagement aus? Immerhin müsst ihr fünf trotz vermutlich anderen Verpflichtungen regelmäßig zusammenfinden, um Musik zu machen. Habt ihr da eine gute Lösung für euch gefunden?
In der gemeinsamen Whatsgruppe ist es i.d.R. kein Problem, wenigstens einen Probetermin pro Woche festzumachen. Die Wichtigkeit des Übens und Informbleibens ist ja auch jedem von uns bewusst. Sollte jemand mal nicht so motiviert sein, lässt er sich leicht durch ein gemeinsames Bier nach der Probe überzeugen;)
Euer Auftreten als Band wirkt sehr harmonisch – zwar individuell aber dennoch zusammengehörig ist nicht nur euer Stil, auch eure bisherigen Releases sind zueinander stimmig. Fällt es euch leicht auf einen Nenner diesbezüglich zu kommen oder wird viel diskutiert über eure ästhetischen und musikalischen Vorstellungen?
Haha, vielen Dank natürlich für das Kompliment, aber gerade bei dem ästhetischen Konzept haben wir lange gerungen und verschiedenste Ansätze ausprobiert (ich erinnere an diverse Instagramclips mit Wrestlinggimmick). Das hat uns eine Menge Spaß bereitet, jedoch sind wir erleichtert, nun eine einheitliche Optik gefunden zu haben, mit der sich jeder wohlfühlt und welche auch das passende Image nach außen verkörpert. Musikalisch war es zwar auch nicht ohne Diskussion, aber deutlich leichter. Natürlich war es ein großer Schritt, zusätzlich auch die deutsche Sprache zu integrieren. Wir sind jedoch sehr angetan von den Möglichkeiten, welche die Entscheidung mit sich bringt. Am Ende zählt ja auch vor allem, was man selbst am ehesten fühlt.
Niemand weiß, was die Zukunft so bringen wird. Wenn ihr sie euch jedoch ausmalen könntet, wo wärt ihr dann mit eurer Band? Habt ihr bestimmte Ziele, die ihr erreichen, vielleicht auch Orte, an denen ihr spielen möchtet?
Ich glaube unseren langfristen Ziele sind sehr individuell oder auch noch relativ unbestimmt. Klarer sind eher die mittelfristigen Absichten. Für 2020 war das ein stetiges Wachstum durch zahlreiche Festivalauftritte und Releases. Wie sich das nun entwickeln wird, mag ja nun noch niemand abschätzen.
2019 nahmt ihr am local heroes-Wettbewerb teil und habt den Publikumspreis als beste Newcomerband des Jahres gewonnen! Könnt ihr uns sagen, was die Teilnahme an diesem deutschlandweiten Contest für euch verändert hat und gibt es vielleicht auch persönliche Entwicklungen, die euch aufgefallen sind?
Jeder einzelne Gig bildet natürlich weiter. Die tolle Organisation und technische Umsetzung durch local heroes hat die Auftritte sehr angenehm gemacht. Im Kontext eines Contests war für uns das Feedback immer der wichtigste Punkt zur Weiterentwicklung. Es hat uns viele Denkanstöße zur Bühnenpräsenz und dem Gesamtkonzept der Band gegeben.
Musik ist etwas sehr Mächtiges und Weitreichendes. Eine etwas allgemeinere, aber wichtige Frage: Was ist Musik für euch persönlich?
Auch hier hat vermutlich jeder eine individuelle Antwort. Aber am Ende wird es wohl immer die schmalzige Phrase sein, dass Musik für uns eine der wichtigsten Dinge im Leben ist. Etwas, dass wir einfach machen müssen - egal in welcher Form; etwas, das uns in einen Rausch versetzt, wie wenig andere Dinge.
Zuletzt noch eine kleine Zeitreise: Welcher Moment in eurer Bandgeschichte ist euch am prägnantesten / schönsten in Erinnerung geblieben?
Das sind einige Momente. Was besonders hängen bleibt, sind die Konzerte, an denen man besonders mit dem Publikum connectet. Die Abende, die man nicht als Band auf der Bühne, sondern mit vielen fremden, aber tanzwütigen Menschen an einem energetisch aufgeladenen Ort zusammen verbringt.
Das sind wirklich schöne abschließende Worte. Wir möchten uns ganz herzlich bei euch für das Interview bedanken und dass ihr euch die Zeit dafür genommen habt, uns einen tieferen Einblick in eure (musikalische) Welt zu geben.
Local heroes wünscht euch alles Gute und viel Erfolg für euer weiteres künstlerisches Schaffen!
Das Interview führte Agnes Burrer.
Titelbild: Christoph Eisenmenger / Basslord Pictures