Schmutzki empfiehlt: Du darfst nicht nichts tun!

Die Stuttgarter Band „Schmutzki“ hat 2013 das „Local Heroes“-Bundesfinale in Salzwedel ordentlich abgeräumt. Für das Trio und jetzige Titelträger hat sich die Teilnahme absolut gelohnt. Die Punkrocker drehen seither richtig auf. Im Gespräch mit Nicole Oppelt (Musikini) erklären sie, wie sie an den Wettbewerb geraten sind, warum der musikalische Nachwuchs offen für Neues sein muss und Contests keinesfalls verpönt sind.


Musikini: Lasst uns mit einem Sprung zurück ins Jahr 2013 beginnen: Wie seid Ihr eigentlich zu „Local Heroes“ gekommen?

Schmutzki: Wir waren eigentlich gar keine Teilnehmer von „Local Heroes“. In Baden-Württemberg gibt es diesen Wettbewerb nicht. Stattdessen wird hier das „Play Live“ ausgetragen. Da haben wir mitgemacht. Unter 250 Bands haben wir es damals zunächst unter die besten zwölf geschafft. Danach folgte ein Halbfinale und ein Finale. Nachdem wir das gewonnen hatten, ging es direkt zum „Local Heroes“-Bundesfinale.

Musikini: Der nicht selten im Raum stehende Vorwurf im Zusammenhang mit solchen Wettbewerben lautet: „pay to play“. Wie ist es Euch ergangen?

Schmutzki: „Local Heroes“ ist eine coole Sache. Auch bei der Geschichte in Baden-Württemberg haben wir nur deshalb mitgemacht, weil sie für die Bands gemacht wird und nicht wegen des Geldes. Bei „Local Heroes“ hat sich dieser Eindruck fortgesetzt. Es geht darum, Auftrittsmöglichkeiten zu bekommen. Man profitiert von der Öffentlichkeitsarbeit. Über den Wettbewerb wird schließlich geschrieben. Man bekommt sehr einfach und sehr schnell sehr positive Presse. Das war super für uns! Wir standen plötzlich nicht nur in den Stuttgarter Medien, sondern liefen auch über die Deutsche Presseagentur. Diese immense Außenwirkung haben wir in der Tat unterschätzt. In der Szene waren wir auf einmal Gesprächsthema.

Es geht nicht darum, wer die bessere Band ist

Musikini: Die These, dass ein solcher Wettbewerb durchaus nachhaltig ist, könnt Ihr also tatsächlich unterschreiben?

Schmutzki: Das würden wir schon sagen, auf jeden Fall. Es gehört aber auch großes Glück dazu. Der Gewinn in Baden-Württemberg und auch in Salzwedel hat es uns wirklich erleichtert, Konzerte spielen zu können. Und das ohne Booking-Agentur. Wir haben alles selbst gemacht. Viele sind auf uns zugekommen. Das gilt für letztes Jahr, aber auch noch dieses Jahr. Das Ergebnis: Wir haben im vergangenen Jahr 60 Gigs gespielt. Im Vorjahr, als „Play Live“ lief, haben wir etwa sechs Auftritte gehabt. Das hat sich also mächtig multipliziert. Man kann das nur empfehlen. Die Hauptsache ist jedoch, dass man sich hinstellt und versucht, das Beste aus seiner Band herauszuholen. Wir sind relativ planlos gestartet. Eineinhalb Jahre später sah das ganz anders aus. Nach wie vor wollen wir uns aber nicht mit anderen messen. Es geht nicht darum: Wer ist die bessere Band? Es geht darum, dass du auf der Bühne Deinen geilen Scheiß machst! Es muss Dir selbst Bock machen.

Hätten wir nicht gewonnen, wäre es also dennoch eine gute Erfahrung gewesen. Es läuft alles sehr professionell ab. Das ist super. Oft genug kommt man an Orte, wo man das Gefühl hat, dass der Veranstalter das heute zum ersten Mal macht. Hier war das nie so. Das Umfeld war wunderbar. Man wusste: Hey, wenn du jetzt keinen Mist baust, dann klingt das wahrscheinlich richtig cool. Es wird ein gutes Konzert für die Leute.

Musikini: So wie Ihr, denkt jedoch bei Weitem nicht jeder. Es scheint, als wären Wettbewerbe mittlerweile sogar regelrecht verpönt.

Schmutzki: Wir haben auch mal einen Wettbewerb gespielt, als wir so 14 oder 15 waren, bei dem wir ganz schlechte Erfahrungen gemacht haben. Wir kamen damals mit einem Haufen Leute an und haben das mega abgefeiert. Am Ende hat dann aber eine Band gewonnen, die schon Semi-Profi-Musiker waren. Auf einem Nachwuchswettbewerb! Man fragt sich da wirklich: Was soll der Scheiß? Oft hören wir von anderen auch, dass es immer nur ums Geldverdienen geht, weil erst einmal ordentlich Tickets verkauft werden sollen. 20 Minuten Spielzeit kosten die Fans hier gut zwölf Euro. Die Leute fühlen sich da einfach nicht wohl.

Die Wettbewerbe, bei denen wir mitmachen, haben wir uns folglich ganz bewusst ausgesucht. Es muss um die Musik und um die Bands gehen. Es muss wirklich etwas dahinterstecken – nicht nur ein 100-Euro-Gutschein aus einem Musikgeschäft. Es muss tatsächlich um etwas gehen. Dazu gehört auch, dass man betreut wird, etwa mit einem Coaching. Uns hat das schon irgendwie weitergebracht.

Zukunftsambitionen: Alle ziehen an einem Strang

Musikini: Und wie geht es bei Euch jetzt weiter?

Schmutzki: Wir sind mittlerweile schon in der Position, dass Leute angefangen haben, sich für uns zu interessieren und wir Angebote bekommen haben, etwas mehr zu machen. Die Ausrichtung ist jetzt tatsächlich so, dass man versucht, neben dem, was man sonst macht, mehr Zeit zu investieren. Wir sind auf jeden Fall dazu bereit. Wir haben gemerkt, dass bei uns gerade echt viel läuft. Es ist gerade so gut, dass wir auch beruflich etwas zurücktreten. Im Moment steht eine Menge an. Natürlich muss man sich aber auch bemühen. Wir haben gelernt, was alles dahintersteckt und uns entsprechend gut aufgeteilt. An diesem Punkt hängt es bei vielen: Es ziehen nicht alle richtig mit. Bei uns läuft das. Wir sind am Anfang eines langen Weges. Mal schauen, wohin der uns führt.

Bestes Beispiel, wie das ausgehen kann, ist übrigens „Heisskalt“, die das Jahr zuvor Zweite im local heroes Bundesfinale wurden und jetzt nur noch Musik machen, ein tolles Album veröffentlicht haben und damit auf Platz 29 eingestiegen sind. Darauf hätten wir auch Lust! Das Credo lautet: Du darfst nicht nichts tun! Jede Erfahrung bringt einen ein Stück weiter. Man wird sich der eigenen Stärken bewusst und lernt, mit Kritik umzugehen. Wenn man das nicht kann, kommt man auch nicht weiter. In unserem Fall gibt’s im September erst einmal eine neue EP. Man muss schließlich immer in Bewegung bleiben.

Foto: Titus Christoph Eisenmenger