Hamburg schickt The Vagabonds ins Rennen um den Titel "Beste Newcomerband des Jahres2015"
Frank Dietz von Rockbase-Entertainment war beim Landesfinale Hamburg und hat sich so seine Gedanken gemacht. Line up: AXID RAIN, CURADO, FAT IMO, TAPE SHAPES, LUMO, Freigeist, Sunray, Suicide Dog Bride, One Left Behind, Schwech & Pefel, The Vagabonds
Gestern wurde mir die Ehre zuteil, die Jury beim Local Heroes Hamburg Finale in der Markthalle mit meinem Fachwissen zu bereichern – zumindest stand das so in der Einladung.
Apropos Einladung – vielen Dank dafür an die Veranstalter Andy & Johnny von Broken Wrist Promotion, das komplette Team der Markthalle, die vielen Helfer und natürlich an meine grossartigen Jury-Kollegen. Wir hatten jede Menge Spass und durften elf tolle Bands bewerten.
Alles in Allem ein top-organisiertes Event, bei dem sich so mancher Band-Contest eine Scheibe abschneiden kann. Wer unseren Blog aufmerksam verfolgt, wird wissen wovon ich rede!
Die einzelnen Jury-Wertungen fallen in die Kategorie „Staatsgeheimnis“ und daher werde ich diese hier natürlich nicht kundtun. Aber meine persönliche Einschätzung der Bands möchte ich euch nicht vorenthalten.
Den Abend eröffneten AXID RAIN. Mit ihrem energiegeladenen Flat Rock haben sie sich souverän durch die Vorrunden ins Finale gespielt. Mit hörbaren Einflüssen von Guns N Roses & ZZ Top geben die vier Jungs für ihr Genre ein sehr komplettes Gesamtpaket ab, an dem es wenig zu meckern gibt.
Weiter ging es mit Alternative Rock von CURADO. Eine junge und sehr talentierte Band, die gestern aber leider etwas überfordert wirkte, was sich auf den Gesang und das Zusammenspiel von Gitarre/Bass auswirkte. Wir hatten anschliessend ein gutes Feedback-Gespräch mit der Band, gute und ehrgeizige Jungs, die – wenn an den richtigen Stellen geschraubt wird und über Auftritte noch die Sicherheit auf der Bühne hinzu kommt – sicher noch von sich Reden machen wird.
Als drittes standen FAT IMO auf der Bühne. Punk-Rock mit Indie-Einflüssen, an dem es aus neutraler Sicht nichts zu kritisieren gibt. Der Frontmann kommt mit einprägsamen Gesangs-Organ daher, die ganze Band musikalisch einwandfrei. Das Jury-Auge sucht dann aber doch das Haar in der Suppe. So hätten sie sicher mit mehr Bühnenpräsenz glänzen können, denn die Drei wirkten zeitweise wie angenagelt, dabei hätte die Bühne in der Markthalle durchaus Platz für einen erhöhten Bewegungsradius geboten. Auch am Songwriting kann noch etwas gefeilt werden, denn über das ganze Set wirkt es schnell monoton. Aber eine insgesamt gute Band, die ich mir gerne wieder anschauen gehe.
Und rotzfrech noch dazu, haben sie sich doch einfach zwischenzeitlich unseren Platz unter den Nagel gerissen.
Weiter im Text mit den TAPE SHAPES. Wäre der Juryzettel ein Arbeitszeugnis gewesen, hätte es den Vermerk gegeben: „Sie waren stets bemüht“ – leider das schwächste Glied in der Kette an diesem Abend. Die Sängerin macht das Beste aus ihren Möglichkeiten, hatte aber merkliche Probleme beim Wechsel der Höhenlagen. Der Rest des Grunge-Quartetts erweckte zunehmend den Eindruck einer Schülerband. Das mag für kleine Punk-Schuppen vor 50 Leuten reichen, um mal ordentlich abzufeiern. Darüber hinaus wird das aber wohl eher nichts.
Beim nächsten Act wusste ich vorab was mich erwartet, denn LUMO hatte ich bereits beim diesjährigen Hamburg Vision als Jury-Mitglied beurteilt.
Sieht man LUMO zum ersten Mal, ohne zu wissen was einen erwartet, kann das im ersten Moment verstörend wirken. Aber nach 15 Minuten wird schnell klar, dass es sich hier um eine künstlerisch hochwertige Darstellung handelt, die ihresgleichen sucht und die eigentlich nichts auf der Bühne eines Bandcontests verloren hat.
Künstlerische Freiheit gepaart mit ein bisschen Wahnsinn – auch Freak Folk genannt!
Danach wurde es laut in der Markthalle – mit Freigeist stand Black Metal auf dem Programm. Und wo Black Metal drauf steht, sollte auch Black Metal drin sein. Hört sich auch an wie Black Metal. Sieht aber aus wie Trash Metal. Die Ansagen zwischendurch waren eher aus der Kategorie „Kuschelhäschen-Rock“ – ergab somit für mich beim ersten Ansehen keinen Sinn.
Wenn man nun aber weiss, dass die Band sich nicht als klassische Black-Metal sieht, sondern eher als Metal mit Punkeinflüssen, die zum Teil auch politische Texte verarbeiten, macht es schon mehr Sinn.
Also Jungs, passt den Aufkleber der Verpackung, oder die Verpackung dem Aufkleber an, dann seid ihr eine Bereicherung für die Hamburger Metal-Szene – denn musikalisch war das ne Top-Leistung.
Schon mal was von Palmen-Rock gehört? Ich auch nicht – bis gestern. Sunray klingen, als wären sie dem American Pie-Soundtrack entsprungen. Die Show ist kurzweilig, es wird mit Gummipalmen mit und im Publikum gefeiert und das ansehen bringt gute Laune. Allerdings täuscht das auch über einige Defizite hinweg. Wenn das also der Plan der Band war – alles richtig gemacht. Arbeitet aber noch etwas am Zusammenspiel und der Abstimmung, die ist am Ende mehr wert als fliegende Gummilatschen und Sonnenbrillen!
Metalcore. Mein geliebter Metalcore, wie hab ich dich vermisst. Und vor allem eine Newcomerband aus dem Genre, die nicht genauso klingt wie 1000 andere auf dem Markt. Und ich hab sie gestern gefunden mit Suicide Dog Bride.
Nicht dass ich die Band in den Himmel loben will, denn da ist noch viel Luft nach oben. Aber da ist intelligentes Songwriting betrieben worden, die Breakdowns werden gezielt eingesetzt, die Abstimmung auf der Bühne passt und es ist immer Bewegung drin und somit hebt sich die Band deutlich von dem ganzen Einheitsbrei ab, der derzeit den Markt in dem Genre überschwemmt. Freunde, weitermachen, ich behalte euch im Auge!
In die gleiche Kerbe schlagen gleich anschliessend One Left Behind. Gut ausgereiftes Songwriting mit zwei Shoutern an der Front. Was zunächst die Frage nach dem „Warum?“ aufwirft, beantworten die zwei mit unterschiedlichen Gesangslagen, die perfekt aufeinander passen und der Band ein gewisses Alleinstellungsmerkmal verleihen. An der Bühnenpräsenz muss noch gearbeitet werden, denn der Bewegungsradius der Instrumentalisten ist noch recht überschaubar und, zum Teil, etwas verschüchtert.
Anschliessend mein Geheimtipp des Abend: Schwech & Pefel. Kennt ihr noch nicht? Solltet ihr aber!
Mit ihrer Mischung aus Singer/Songwriter-Indie-Pop-Rock, einer extrovertierten Bühnendarstellung, gewollter Selbstironie und den Masken als Markenzeichen haben sie in kürzester Zeit in der Hamburger Musiklandschaft schon grosse Fussspuren hinterlassen. Was der Band noch fehlt, ist eine starke Fanbase – die hätten sie nämlich gestern gebraucht, um den Sieg einzufahren.
Dieser ging aber letztlich verdient an die letzte Band des Abends, The Vagabonds!
Die Songs der Band verlaufen auf einem schmalen Grad zwischen Indie- und Alternative Rock, perfekt in Szene gesetzt mit einer drückenden Bühnenperformance, die das schon leicht ermüdete Konzertpublikum in der Markthalle noch einmal komplett wach rüttelte und zum mitfeiern einlud.
Von Frank Dietz - Rockbase-Entertainment http://www.rockbase-entertainment.de/
Die Fotos sind von Jan-Hendrik Zimmer
Titelbild von Fred Roberts
Hier gehts zur Bildergalerie II: http://local-heroes.de/contest/bildergalerie-ii-landesfinale-hh-27441
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