Bäm! Und dann kamen „Reiche Söhne“! Die Band aus Halle ging 2021 als Bundesfinalist für Sachsen-Anhalt ins Rennen um Deutschlands größten Non Profit-Newcomer-Musikpreis. Und sie überzeugten durchweg. Am Ende gingen sie mit dem Preis für die „Beste Live-Performance 2021“ nach Hause.

Mit eingängigen deutschen Texten und einer reflektierten Portion Humor hinterließen „Reiche Söhne“ einen nachhaltigen Eindruck bei allen Beteiligten. Als Belohnung staubten sie einen Gutschein vom Musikhaus Thomann sowie Unterstützung bei künftigen Releases von RecordJet ab.

Doch spulen wir kurz zurück: Wer 2020 dachte, dass alles anders wird, der wurde 2021 eines Besseren belehrt. Dieser Satz mag für viele Lebens- und Gesellschaftsbereiche gelten. Für die Kultur steht er jedoch insbesondere. Auch Deutschlands größter Non Profit-Newcomer-Musikpreis local heroes hat sich in den gut 20 Monaten Pandemie neu erfinden müssen. Mit Erfolg. Erstmals wurde das Bundesfinale 2020 als Musiksendung umgesetzt. 2021 legte das Team um Projektleiterin Julia Wartmann aber noch einmal eine Schippe drauf – es brachte die insgesamt zehn Landessieger*innen nicht nur in eine eigene Musiksendung, sondern obendrein deutschlandweit in die Kinos.

„Prinzipiell machen wir das, worauf wir Lust haben. Das kann heute eine 80er-Die Ärzte-Stimmung beinhalten und morgen schon wieder etwas ganz anderes. Wir wollen uns da nicht ganz festlegen“, sagen „Reiche Söhne“ über ihre Musik. (Foto: Julia Schwendner / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Das Gefühl von 2018 wieder aufleben lassen

Jonas Dahmen, Marius Dahmen und Stijn Scheper aus Halle, die mit ihrer Band „Reiche Söhne“ zum Reigen der zehn local heroes-Finalist*innen gehörten, war auch das eine neue Erfahrung. Bereits 2018 stand die Band im local heroes-Bundesfinale. „Dort haben wir jede Menge Preise und gute Erfahrung mitgenommen“, erinnerte sich das Trio im Vorfeld des Bundesfinales 2021 an den großen Abend im Kulturhaus von Salzwedel. Das Kapitel sei also eigentlich schon zugeklappt gewesen. Eigentlich.

„Die Corona-Situation uns ziemlich in unserer Motivation gedämpft. Da wir uns als Liveband definieren, war die auftrittsarme Zeit während dieser Phase für uns eine große Herausforderung. Es gab tatsächlich Momente, in denen wir uns gefragt haben, ob wir überhaupt noch weiter machen sollen. Als es dann 2021 langsam wieder möglich war live zu spielen, mit echtem Publikum, wussten wir wieder, warum wir das machen: live spielen, live spielen, live spielen.“

Das war auch der Grund, warum „Reiche Söhne“ wieder zu local heroes gestoßen ist. „Wir wollten wieder das gleiche Gefühl wie 2018 haben und das Netzwerk rund um local heroes wieder anschmeißen. Daher haben wir uns nochmal beworben, wurden ausgewählt für Sachsen-Anhalt anzutreten, haben ein Mentoring Programm gewonnen und wurden vom Mitteldeutschen Rundfunk dabei begleitet. Und das alles noch vor dem Bundesfinale.

Premiere beim local heroes-Bundesfinale

Doch vor dem local heroes-Bundesfinale stand die Ungewissheit: „Unsere Teilnahme stand tatsächlich lange auf der Kippe, da unser Schlagzeuger leider aus Termingründen verhindert war. Normalerweise hätten wir das Finale abgesagt, allerdings wollten wir das unbedingt mitnehmen und nicht am Finaltag zuhause sitzen und Däumchen drehen“, erzählen die Drei. Daher hätten sie etwas gänzlich Neues ausprobiert. „Wir haben uns einen Liveschlagzeuger ausgeliehen und haben das erste Mal in unserem Musikerleben, den Mann am Schlagzeug ausgetauscht. Das erste Mal zusammen gespielt haben wir dann tatsächlich erst beim Bundesfinale. Vorher haben wir zusammen mit unserem eigentlichen Schlagzeuger das Lied im Proberaum eingespielt und dann unserem Ersatzschlagzeuger Fabian Buchenau geschickt.

„Dass das live dann so gut funktioniert, hätten wir nie gedacht. Für uns hat sich allein diese Erfahrung gelohnt“, freuen sich „Reiche Söhne“ über ihren Bundesfinal-Auftritt mit „Personalwechsel“. (Foto: Julia Schwendner / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Spannende Drehtage

Im September wurde mit „Reiche Söhne“ und den neun weiteren Bands bzw. Solist:innen unter strengen Corona-Auflagen für die Bundesfinalshow gedreht. Neben einer Live-Performance gehörte auch ein Interview mit TV-Queen Tine Wittler, der diesjährigen Moderatorin des Bundesfinales, dazu. Außerdem erhielten die Teilnehmenden ein TV- und Individual-Coaching. Die letzte Klappe fiel schließlich am 13. September im Club Hanseat in Salzwedel.

Mehr regionale Förderung für Künstler:innen

Und wie geht es mit „Reiche Söhne“ nun weiter? Sie arbeiten gerade an ihrem nächsten Release. „2022 wollen wir damit dann auf Tour und hoffentlich wieder auf vielen Festivals spielen.“ Doch das sind nur die eigenen Wünsche. „Es gab während der Corona-Pandemie tatsächlich einige Förderungen für Musiker*innen. Das ist prinzipiell sehr schön. Allerdings sind die Hürden und Reglementierungen teilweise nicht wirklich realitätsnah“, machen sie auf die schwierige Lage nicht nur im musikalischen Nachwuchsbereich aufmerksam. „Beispielsweise gab es auch in Sachsen-Anhalt Förderprogramme. Leider sind wir und zahlreiche andere Bands, die wir kennen, durch das Raster gefallen. So sind zum Beispiel Studierende nicht berechtigt, von solchen Programmen gefördert zu werden. Wir fragen uns, wie so Newcomer*innen erfolgreich werden können.“

„Unser Plan ist aufgegangen, das Netzwerk ist wieder aktiviert und wir motivierter denn je“, sagen „Reiche Söhne“ über ihre erneute Teilnahme bei local heroes. (Foto: Julia Schwendner / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Vor allem in der Popularmusik sollte ihrer Meinung nach die Förderungsschwelle niedriger gesetzt werden. Auf Bundesebene gebe es da schon wieder andere Möglichkeiten über die Initiative Musik.

„Wir wünschen uns vor allem regionale Künstler:innen-Förderung: politisch, medial und auch weiterhin durch Vereine wie Aktion Musik e.V., ohne die es für Newcomer*innen einfach sehr schwierig wird, zahlreiche Hürden zu überwinden. Sei es der erste Live-Auftritt oder die Aufnahme von Songs.“

Text: Nicole Oppelt