Harlekeen wollen die Zuschauenden in andere Welten mitnehmen. Die Musik ist zum Tanzen und Eskalieren, aber auch zum Zuhören. (Foto: Line Tsoj)

Die Synth-Pop-Künstler Harlekeen gehören zum auserwählten Kreis von zwölf Acts, die sich im Bundesebene präsentieren dürfen. Am 9. Dezember ab 20 Uhr wird verkündet, wer die Musikpreise 2023 abräumen wird. Harlekeen laden ihre Fans hierzu ins Kulturzentrum Moritzhof ein.

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„Das ist eine große Ehre für uns“, antworten Santo und Paul auf die Frage, wie es sich anfühlt, ihr Bundesland Sachsen-Anhalt im Rahmen des local heroes Bundesfinales 2023 zu vertreten. Das Magdeburger Duo, das erst seit 2020 unter dem Namen „Harlekeen“ gemeinsam Musik macht, hat es schon weit gebracht. Ihr im März 2023 veröffentlichtes Debütalbum „Kinder von Sonne und Mond“ ist dabei nur ein Highlight ihres bisherigen Weges. Dabei fing alles ganz bescheiden an – mit Straßenmusik. Kurz darauf hatten sie den ersten Gig als Band. „Die Szene ist cool, aber klein“, berichten sie von der Situation in ihrer Heimat.

„Wir würden uns mehr Unterstützung für Kunst im Generellen freuen. Wir fühlen uns aber auch gewertschätzt, da viele sich darüber freuen, wenn jemand sich engagiert.“

Vier Tage verbrachte das Duo Anfang September beim Dreh zur local heroes-Finalshow in einem der bedeutendsten Barockschlösser Sachsen-Anhalts. Hier konnten sie nach Herzenslust netzwerken, sich in Interview-Situationen ausprobieren, erhielten Individual-Coachings und absolvierten ein Live-Recording ihres ausgesuchten Songs. Der Höhepunkt für alle Beteiligten: Die Teilnehmer:innen konnten sich während drei abendlicher Live-Sessions näher kennenlernen und ihr außergewöhnliches Potential der Öffentlichkeit präsentieren.

Bundesfinale 2023: Schöne und neue Erfahrungen

„Wir haben 2021 den SWM Talentverstärker Bandcontest gewonnen und hatten da sehr großen Spaß. Als wir von local heroes hörten, haben wir uns gleich beworben“, erinnern sich die beiden. „Wir fühlen uns bei local heroes sehr wohl und es ist alles sehr cool. Wir durften mit sehr netten Menschen zusammenarbeiten und haben uns mit anderen Bands austauschen können“, so ihr bisheriges local heroes-Fazit. „In der Vorrunde [Anm. d. Red.: Landesfinale] hatten wir ein cooles Coaching zum Thema Bühnenpräsenz. Das hat vor allem geholfen, die Bühne gut auszufüllen und ab Sekunde eins präsent zu sein.“

Der Performancedreh auf Schloss Hundisburg sei eine schöne, aber auch ungewohnte Erfahrung gewesen. „Vor einem leeren Raum zu spielen und drei Mal die gleichen Wege zu laufen, war auf jeden Fall eine Herausforderung. Das Konzert war dafür richtig schön. Wir haben in der halben Stunde alles rausgepowert, was wir hatten, und das Publikum ist gut mitgegangen. Wahrscheinlich eine unserer schönsten Bühnenerfahrungen“, sprudelt es aus ihnen heraus. „Wir konnten viele der Bands kennen lernen. Interessant war der Austausch mit den Coaches über digitale Releases und Social Media. Die Jamsession war ein Highlight. Alle Bands sind hier zu einer geworden. So viele haben sich getraut.“

„Harlekeen“ begeistern und berühren

„Harlekeen“ steuerten zum Bundesfinale 2023 Synthie-Pop mit „inhaltsstarken deutschen Texten“ bei. Ihr Ziel: „Wir wollen die Zuschauenden in andere Welten mitnehmen. Die Musik ist zum Tanzen und Eskalieren, aber auch zum Zuhören.“ Denn bei aller musikalisch guten Laune thematisieren „Harlekeen“ in ihren Songs vor allem Probleme ihrer Generation. Es geht um das Leben in einer mittelgroßen Stadt, aus der viele junge Menschen in die Großstädte ziehen und in der sie als Künstler Kultur schaffen wollen.

Ihr Spirit wirkte absolut ansteckend. „Hammer! Was für eine geile Band! Das ist pures Entertainment“, lobt etwa Juror Pablo Christlein.

„Sie haben gecheckt, wie man Spaß bringt. Dazu haben sie intelligente Texte. Ich fühle diese zwei Typen. Sie sind Glanz und Glamour.“ Angetan habe es ihm vor allem Schlagzeuger Paul. „Er drummt mit seinem gesamten Körper. Das muss man erst einmal schaffen. Das ist richtig geil. Da merkt man: Er liebt sein Instrument. Und dazu diese Show! Ich hoffe für sie, dass sie voll durchstarten. Bei ihnen sehe ich riesengroßes Potential.“

Seiner Kollegin Senta-Sofia Delliponti erging es nicht anders. „Ich fand sie großartig und habe sie so abgefeiert. Alles hat gestimmt – die Outfits, die Moves, diese zwei Typen, die total in Symbiose miteinander gehen. Sie haben mich berührt und etwas in mir geweckt, weil sie dort am richtigen Platz sind. Die beiden sind so herzlich und so nahbar.“ Angela Peltner, die dritte im Jury-Bunde, kann sich den beiden nur anschließen. „Sie füllen ihren Bandnamen Harlekeen total aus. Sie sind Gaukler, sie sind Glitzer, sie sind verrückt! Wenn sich jemand solche Texte, wie die vom 'Entenmann' überlegt, wenn sich jemand diese verschiedenen Arrangements überlegt und unterschiedliche Stilmittel einsetzt und nichts ausschließt, sondern alles vereint, dann können sie das, weil sie real sind. Genau dann funktioniert das. Das ist das beste Beispiel für Einzigartigkeit.“ Als Magdeburgerin habe sie vor allem das Lied über diese Stadt berührt.

„Es hat mich nicht nur poetisch überzeugt, sondern auch ein bisschen mit der Stadt befriedet. Sie haben es geschafft, sie hässlich und schön aussehen zu lassen – und das auf die perfekte Art und Weise. Das ist eine hohe Kunst. Das ist Poesie.“

Am 09.12. laden "Harlekeen" zur Ausstrahlung des Bundesfinal-Films & zeigen ihre Live-Qualitäten. (Foto: Matthias Piekacz)

Themen, die bewegen

„Harlekeen“ haben einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ihren mit local heroes verbundenen Hoffnungen von weiterem Austausch und einem wachsenden Netzwerk steht nichts im Wege. „Wichtig ist es, als talentierter Mensch Zeit für die Musik zu haben“, sagen sie. Und natürlich sei es essentiell, an Gigs zu kommen – am besten über die eigenen Stadtgrenzen hinaus. Den nächsten Schritt gehen die beiden schon in Kürze. „Im Dezember bringen wir unseren neuen Song ‚Analoges Mädchen‘ raus. Für nächstes Jahr ist ein Konzeptalbum geplant zum Thema Realitätsflucht. Dazu gibt es schon viele Skizzen, aber das Projekt ist so wichtig, dass wir noch etwas Zeit brauchen, um einen Sound zu entwickeln“, erzählen sie. Worauf es ankommt, um als Band längerfristig zu bestehen, wissen die beiden jedoch schon ganz genau: „Es muss in die Zeit passen und doch eigen sein. Es muss Leute berühren.“

„Harlekeen“ und ihre Mitstreiter:innen haben bereits viel verstanden, davon ist Coach Felix Mannherz überzeugt: „Das Niveau, auf dem wir coachen, steigt seit Jahren“, so sein Fazit. Die Künstler:innen würden sich allerdings alle mit ähnlichen Themen herumschlagen. Als Beispiele nennt er unter anderem die Angst und die Prokrastination, sich in Sozialen Medien selbst zu zeigen. Zum anderen die Schwierigkeit, das organisatorische Drumherum, wie Booking oder Gema, zu bewältigen.

„Interessanterweise hält sich immer noch recht hartnäckig der Gedanke, dass der ‚Heilsbringer‘ ein Label oder ein Verlag ist, der einem einen Vertrag hinlegt und dann geht die Reise los. Dabei können sie in dem Stadium, in dem sie gerade sind, von do it yourself nur profitieren.“

Aus diesem Grund hätten sie den Künstler:innen in diesem Jahr noch intensiver mit auf den Weg gegeben, sich bei ihm, seinem Kollegen David Pfeffer oder auch dem local heroes-Team zu melden, wenn sie Musikbusiness-Fragen haben.

Nun steht aber erst einmal ein weiterer Höhepunkt für „Harlekeen“ und alle übrigen Acts an. Denn: Welcher Act den inzwischen wichtigsten Musikpreis der deutschen Non-Profit-Musikszene beim local heroes Bundesfinale erhält, wird im Rahmen der Ausstrahlung am 9. Dezember, ab 20 Uhr, bekanntgegeben. Hierzu laden „Harlekeen“ zu ihrer eigenen Veranstaltung ins Kulturzentrum Moritzhof ein. Die finale Entscheidung obliegt, neben der Fachjury, auch dem Publikum, das in den einzelnen Lokalitäten zur Abstimmung aufgefordert wird und über einen eigenen Publikumspreis entscheidet.

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Titelbild: Line Tsoj

Galerie: Line Tsoj & Matthias Piekacz

Text: Lina Burghausen, Nicole Oppelt, Laura Klar