Mit „Chanielle“ hat Thüringen in diesem Jahr eine Künstlerin mit viel Potenzial nach Schloss Hundisburg entsandt. Die Sängerin nahm die Anwesenden mit hinein in ihre Geschichte. Damit machte sie den ausgewählten Kreis von insgesamt elf Acts komplett, die ihre Musik auf Bundesebene von Deutschlands größtem Non Profit-Musikpreis präsentieren.
Den ausgiebigen Dreharbeiten, Vokalaufnahmen und Workshops bei den Bundesfinaltagen im September folgt in diesem Jahr erstmals eine glanzvolle Preisverleihung am 23. November in der Viehbörse in Magdeburg. Im Rahmen dieser Gala wird nicht nur der „Beste Newcomer-Act Deutschlands 2024“ gekürt, sondern auch bekanntgegeben, wer in einer der anderen sechs local heroes-Kategorien punkten konnte.
Die Geschichte von „Chanielle“ beginnt ganz und gar ungewöhnlich. Zwei Tage nach ihrer Geburt lag sie noch namenlos in ihrem Bettchen und summte vor sich hin. Für die Hebammen war das ein Zeichen. Von da an wurde sie, bis zu ihrer tatsächlichen Namensgebung, von diesen Frauen „Sängerin“ genannt. So bekam „Chanielle“ die Geschichte von ihrer Mutter erzählt.
Ein zauberhafter Start in eine musikalische Laufbahn - und wohl der früheste bislang erzählte. Von da an gehörte das Singen für sie dazu. Gerade einmal acht Jahre war sie alt, als sie zum ersten Mal bei einem Schulwettbewerb auf der Bühne stand. Mit 15 hatte sie die erste Schulband. Seit 2018 ist sie Solo-Künstlerin. „Es ist mehr als ein Hobby für mich“, sagt „Chanielle“. Man glaubt es ihr sofort.
Vier Jahre später ist die junge Deutschkubanerin Teilnehmerin beim local heroes-Bundesfinale. Und sie verzaubert. „Sie ist unglaublich sympathisch! Sie hat eine mitreißende Energie. Man hing an ihren Lippen und wollte einfach noch mehr von ihr erfahren!“, so Jurorin Senta-Sofia Delliponti. Auch ihre beiden Kollegen, Martin Hommel und Pablo Christlein, lauschten der jungen Künstlerin voller Neugier – und Bewunderung.
„Outstanding für mich ist ihr Mut, sich allein hinzustellen, was richtig krass respektabel ist“, so Pablo Christlein. „Und dann auch noch von den eigenen, unterprivilegierten Dingen zu sprechen. Es ging ganz klar um Rassismus, um Vater-Geschichten.“ Damit habe sie sich auch emotional angreifbar gemacht. Sein Eindruck: „Wow! Mutig! Meinen ganz großen Respekt!“ Diese Musikerin habe „auf alle Fälle ein riesiges Potenzial“.
„Chanielle“ – das ist Mut und Lebensfreude
So wie sich „Chanielle“ heute auf der Bühne gibt, war sie nicht immer. Früher habe sie Probleme gehabt, sich mit dem Publikum zu unterhalten oder dieses einzubeziehen, gesteht sie. Nahezu steif habe sie vor den Menschen gestanden und sich nicht getraut, sich zu bewegen. „Ich bin sehr stolz, wie weit ich bisher gekommen bin“, sagt sie. „Meine Mum hat mir alles mitgegeben, was ich brauche, wie verrückt sein und viel Lachen.“ Heute mache sie einfach, worauf sie Lust habe und was sich für sie gut anfühle und sie freue sich über jeden, der mitmache.
„Chanielle“ nimmt die Menschen mit. „Ich schreibe oft über Erlebnisse und Erfahrungen, aber auch über Dinge, in die ich mich hineinversetzen will, auch, wenn es nie passiert ist oder passieren wird“, gibt sie einen Einblick in ihr Songwriting. „Ich hoffe, dass es den ein oder anderen betrifft und jemand sich über einen Text freut, sodass er laut im Auto oder unter der Dusche mitsingen kann.“
Durch eine Anzeige wurde „Chanielle“ auf den Musikpreis local heroes aufmerksam. „Ich war gleich interessiert“, erzählt sie. „Ich wollte sehen, ob noch mehr Leute mich und meine Musik als gut empfinden und das war glücklicherweise auch der Fall.“ Manchmal, gesteht sie, brauche man den Zuspruch von völlig fremden Personen, um nochmal die Bestätigung zu bekommen, dass man nicht alles umsonst mache.
Im Bundesfinale mit dabei gewesen zu sein, sei für sie eine Ehre gewesen. „Ich habe es bis zum Ende nicht glauben können. Die anderen drei Bands im Landesfinale waren wirklich so gut! Ich danke der Jury des Landesfinales in Thüringen so sehr für die Chance! Es war toll, unter so vielen talentierten und lieben Menschen zu sein. Es war eine Flucht aus der Realität.“ Schon den Einzug ins Landesfinale, das in Thüringen von der Musikinitiative diePOP ausgerichtet wird, hatte die junge Frau nicht erwartet.
„Ich dachte mir bei der Bewerbung vorerst nur ‚Joa, probierst es mal‘. Am Ende war ich eine der vier Finalisten und die einzige Solokünstlerin.“ erzählt Chanielle.
Das Team des Landesfinales und die Veranstalter:innen seien super gewesen und hätten sich toll gekümmert. Ebenso habe sie sich sehr über die Location, die Barfüßerruine in Erfurt, gefreut, in der das Landesfinale im Rahmen des Krämerbrückenfests abgehalten wurde. „Ein Traum ist allein mit der Location schon wahr geworden“, erinnert sie sich an diesen besonderen Moment zurück. Wochen danach habe sie das Geschehene immer noch nicht realisieren können. Das habe erst mit den ersten E-Mails des Bundesfinal-Teams eingesetzt – und die Vorfreude stieg!
„Mit ganz viel Tee mit Honig und Singübungen“ sowie einigen Erfahrungen mit Dreharbeiten und Co. ging es für „Chanielle“ schließlich Richtung Schloss. Ein Ort, der ihre Erwartungen übertraf: „Es war ein Traum. So viele Künstler:innen und Menschen mit Ahnung zu treffen war ein Segen. Ich wollte das Bundesfinale nicht mehr verlassen. Es war wie eine Klassenfahrt!“ Zu gern wäre sie länger auf Hundisburg geblieben, erzählt sie. Besonders habe ihr gefallen, andere Bands zu treffen, Erfahrungen der Jury und Coaches zu hören und zu teilen, das liebe Team und das Miteinander zu erleben, Teil der Jam-Sessions sein zu dürfen – und überhaupt auf diesem Schloss zu sein. „Dort konnte man die Realität vergessen und einfach seinem Traum nachgehen. Ich danke local heroes tausendmal dafür!“
Ein Fazit, dass sie sich am ersten Tag des Bundesfinales wohl nicht ausgemalt hätte. „Als ich am Mittwochabend ankam, war ich sehr überfordert“, erinnert sie sich. „Ich kenne das selbst nicht von mir, dass ich zurückhaltend bei neuen Gesichtern bin, aber ich musste wirklich über meinen Schatten springen, um ein Gespräch mit einer der Bands zu beginnen.“
Die Zeit verging, sie fand wunderbaren Anschluss, genoss daneben aber auch viel „Me-Time“, die sie ab und an auch brauche. Und sie überraschte sich selbst. „Ich hatte kaum Erfahrungen im jammen, sodass ich am ersten Open-Stage-Abend ziemlich eingeschüchtert war und nicht wusste, wie ich anfangen soll. Das hat sich am zweiten Abend geändert. Ich hörte Töne aus mir, die ich vorher nie gehört hatte.“
Hundisburg bringt neue Facetten hervor
Dass sie von all diesen Erlebnissen und den vielen guten Ratschlägen der Profis profitieren werde, steht für „Chanielle“ außer Frage. Voller Tatendrang ist sie nach Weimar zurückgekehrt. Dort schmiedet sie bereits Zukunftspläne: „Ich bräuchte unbedingt einen Songwriter und Produzenten, da es manchmal recht schwer ist allein an einem Song zu arbeiten“, erzählt sie.
„Chanielle“ weiß, was sie will, und sie weiß, was zu tun ist, um zu bestehen. Doch „immer up to date sein und regelmäßig Songs raushauen“ sei nur die eine Seite. Auch sie hat Wünsche an die Musikbranche: „Gebt mehr Künstler:innen eine Chance, auch wenn sie keine große Reichweite oder nur wenige Hörer:innen haben. Schaut aufs Talent und nicht auf die Zahlen!“
Bei local heroes stehen die Akteur:innen genau dafür ein. Für die Sängerin, Musicaldarstellerin und Schauspielerin Senta-Sofia Delliponti war das local heroes-Bundesfinale 2024 „wunderschön und bewusstseinserweiternd“. Gemeinsam mit ihren Kolleg:innen habe sie „tolle Talente gesehen“. Als Jury vor Ort versuchten sie immer, supportive zu agieren, wirklich zu unterstützen und konstruktive Kritik zu geben, die die Artists weiterbringe.
Mit diesem Prinzip blicken sie auch auf die große Preisverleihung der local heroes am 23. November. „In der Entscheidungsfindung betrachten wir die Acts individuell. Man kann und sollte sie gar nicht miteinander vergleichen.“ Musiker, Musikphysiologe und Songwriter Pablo Christlein stimmt ihrem Gesamteindruck zu: „Was für ein Glück hatten wir mit den Bands! Was für ein Glück haben wir immer mit der Crew. Es ist eine absolute Ehre und eine Riesenfreude hier zu sein.“
local heroes-Bundesfinale: Was für tolle Talente
Das Bundesfinale sei einfach besonders. „Es ist eine irre Location. Es gibt unfassbar krasse ehrenamtliche Helfer. Man wird hier umsorgt und darf Musik anhören und machen.“ Musikjournalist Martin Hommel, der erstmals mit von der Partie war, scheint nun ebenfalls vom „local heroes-Virus“ infiziert. Die Zeit auf dem Schloss sei für ihn außergewöhnlich gewesen:
„Obwohl wir uns natürlich im weitesten Sinne im Musikbusiness bewegen, fühlt sich das gar nicht an wie das eigentliche Musikbusiness, wie man es kennt.“ Alle seien viel freundlicher und offener. Er habe es als überaus positiv und inspirierend empfunden, dass es auch so sein könne. Und: „Dass man den jungen Künstler:innen im weitesten Sinne mitgeben kann, dass es so auch funktionieren kann.“
Gut ergangen ist es offenbar auch den beiden Coaches. „Es waren sehr unterschiedliche Stadien dabei, in denen die Finalist:innen sich befinden“, so der Eindruck von Coach Felix Mannherz. Der Schlagzeuger, Gitarrist und Sänger freute sich über die abwechslungsreiche Aufgabe. Manche der Acts berieten er und sein Kollege, der Sänger und Songwriter David Pfeffer, mit der Perspektive, auch beruflich Musik zu machen, andere mit dem Anspruch, das nur aus einer Leidenschaft heraus zu tun.
Er betont: „Die Strategie ist nicht für jede Band dieselbe.“ Die Problematiken, die sie den Musiker:innen aufzeigen, seien diesen oft schon bewusst, ergänzt David Pfeffer. „Häufig merken wir schon im Bundesfinale, welche Acts einen anderen Drive mitbringen.“ Genau diese seien es, die einige Jahre später auf einem höheren, professionellen Niveau zu sehen sein würden.
Wiedersehen bei der Preisverleihung
Bereits am 23. November kommt es zum Wiedersehen zwischen Artists, Coaches, Jury und local heroes-Team bei der großen Preisverleihungsgala in der Viehbörse in Magdeburg. „Die Sieger:innen werden im Anschluss an die Preisverleihung medienwirksam verkündet“, erläutert local heroes-Geschäftsführerin Julia Sasse. „Sie erwarten Preise in Höhe von rund 10.000 Euro.“ Die Entscheidung obliegt, neben der Fachjury, auch dem Publikum, das parallel zur Online-Abstimmung aufgefordert werde und über einen eigenen Publikumspreis entscheide. Dieser ist dotiert mit einem Gutschein über 500 Euro, gestiftet vom Musikhaus Thomann.
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